HygSo-Hygienenews Juli - August 2023
1. Aktion Saubere Hände fordert mehr montierte Spender
Auf Intensivstationen gilt seit vielen Jahren eine 1:1-Ausstattung an Händedesinfekti-onsmittelspendern (d.h. ein Spender je Bett) – dies soll ab dem 01.01.2025 auch für Normalstationen in Krankenhäusern gelten.
Das medizinische Personal benötigt für die richtige Umsetzung der Händedesinfektion eine ausreichende Verfügbarkeit von Händedesinfektionsmitteln am „Point of Care“. Durch die richtige Positionierung der Spender direkt an den Patientenbetten wird die Nutzung der Spender nachweislich erhöht.
Laut Aktion Saubere Hände seien Kitteltaschenflaschen grundsätzlich kein adäquater Ausgleich zur fehlenden Ausstattung von Händedesinfektionsmittelspendern. Sie hätten nur einen geringeren Effekt auf die Compliance der Händedesinfektion. Ebenso sei durch den Einsatz von Kitteltaschenflaschen der Verbrauch auf der jeweiligen Station nicht sicher quantifizierbar. Ausnahmen seien Pädiatrie und Gerontopsychiatrie. Diese erhielten kein Soll in der Spenderausstattung und so könne der Einsatz von Kittelta-schenflaschen im Rahmen der Risikoanalyse hilfreich sein.
Weiterführender Link:
https://www.aktion-sauberehaende.de/
2. TRGS 401: Chirurgen meist nicht mehr von „Feuchtarbeit“ betroffen
Das ausschließliche Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen für mindestens zwei Stunden am Stück wurde bisher als Feuchtarbeit angesehen. Durch die aktuali-sierte TRGS 401 ist dies nicht mehr so.
Bei der Gefährdungsbeurteilung sollte nun besonders auf die Waschfrequenzen geach-tet werden. Mit Blick auf das Gesundheitswesen ist vor allem das Tragen von flüssig-keitsdichten Schutzhandschuhen im häufigen Wechsel mit Waschen der Hände als Feuchtarbeit anzusehen. Weitere Details greifen die Experten der DGKH in ihrem Hygi-enetipp auf.
Weiterführende Links:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-feuchtarbeit-chirurgen-eher-nicht-mehr-betroffen/?parent_cat=250
https://www.baua.de/DE/Angebote/Regelwerk/TRGS/pdf/TRGS-401.html
3. DKG warnt vor hartem Winter
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt vor mehr Covid-Fällen auf Intensivstatio-nen und „Nachholeffekten“ anderer Atemwegserkrankungen im Winter. Eine neue Corona-Welle solle es aber nicht geben.
Steigende Infektionszahlen und vermehrt Covid-positiv getestete Patienten auf den In-tensivstationen ließen Grund zur Annahme zu, dass es einen harten Winter geben wird. Da es keine absolute Immunität gäbe, seien Infektionsausbrüche auch in Zukunft nor-mal. Um von einer neuen Corona-Welle sprechen zu können, sei das Infektionsgesche-hen noch auf einem zu niedrigen Niveau.
Wie auch im vergangenem Winter sei zu erwarten, dass es Nachholeffekte anderer Atemwegserkrankungen gäbe. Ein Anstieg der Fallzahlen sei mit kühleren Temperatu-ren zu erwarten. Um die Belastungen in den Krankenhäusern möglichst gering zu hal-ten, sei es wichtig, dass sich viele Menschen gegen Influenza und Corona impfen lassen.
Weiterführender Link:
https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/coronavirus-dkg-chef-warnt-vor-mehr-faellen-auf-intensivstationen-19132855.html
4. Hygiene-Tipp: dokumentierte Freigabe von Medizinprodukten
Die Aufbereitung von Medizinprodukten endet mit der dokumentierten Freigabe zur Anwendung, so empfehlen es die KRINKO und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Die Prozessparameter bei der Aufbereitung müssen mit denen der Validierungsberich-te übereinstimmen. Die dabei erfassten Messwerte müssen ebenso dokumentiert wer-den, wie die freigebende Person und die Charge. Aus der Dokumentation muss hervor-gehen, dass die Aufbereitung gemäß den Standardarbeitsanweisungen erfolgt ist. Dies gilt für ebenso für eine ausschließliche Desinfektion, wie auch für Prozesse mit einer anschließenden Sterilisation.
Weiterführender Link:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-freigabe-aufbereiteter-medizinprodukte/?parent_cat=252
5. MRSA-Raten in Krankenhäusern gesunken
Das Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS) hat von 2006 bis 2021 Daten zum Screening auf Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus ausgewertet.
Insgesamt stieg die Teilnehmerzahl auf 525 Krankenhäuser, welche freiwillig einmal jährlich Strukturdaten sowie Patientenfälle mit MRSA-Nachweis und die Anzahl an Na-senabstrichen auf das Vorliegen von MRSA an das Nationale Referenzzentrum für Sur-veillance von nosokomialen Infektionen übermittelt haben.
Anhand der Daten lässt sich ablesen, dass die MRSA-Raten im Zeitraum von 2006 bis 2021 deutlich gesunken sind. Dies sei analog zum allgemeinen Trend. Krankenhäuser mit einer niedrigen Screeningfrequenz wiesen keine höhere Inzidenzdichte auf vergli-chen zu Krankenhäusern mit einer hohen Anzahl an Abstrichen. Daraus resultiert die Empfehlung, das MRSA-Aufnahmescreening gezielt und risikoadaptiert durchzuführen.
Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=1041&typ=16&aid=232377&s=mre
6. Interventionsstudie: Reduzierung nosokomialer Infektionen
Als Teil der multizentrischen prospektiven Kohortenstudie „HygArzt“ wurde in einem Pilotkrankenhaus untersucht, ob durch die Implementierung eines Infektionspräven-tionsmaßnahmenbündels (IPB) die Händehygieneadhärenz (HHA) und die nosokomia-len Infektions- (NI) und postoperativen Wundinfektions-Raten (SSI) durch hygienebe-auftragte Ärzte der Orthopädie/Unfallchirurgie verbessert werden können.
In dem Pilotkrankenhaus wurden drei orthopädische/unfallchirurgische Normalstatio-nen mit insgesamt 113 Betten betrachtet. Verglichen wurde die Prä-Phase (01.03.18-31.08.18) und die Post-Phase (01.01.19-30.06.19), in welcher alle stationär versorgten Patienten auf den genannten Stationen mit in die Studie einbezogen wurden. Patienten, die bereits bei der Aufnahme eine Infektion aufwiesen, wurden aus der Studie ausge-schlossen. Der Zeitraum zwischen der Prä- und Post-Phase wurde als Interventionspha-se genutzt, sprich um das IPB durch den Hygienebeauftragen zu implementieren. Das zentrale Patientenmanagement hat die Patienten bei der Anmeldung zur OP auf Methi-cillin-resistente (MRSA) und Methicillin-sensible Staphylococcus aureus (MSSA) mittels Nasenabstrich getestet. Bei positivem Befund wurden entsprechende Maßnahmen zur Dekolonisierung durchgeführt.
In der Prä-Phase waren für die Studie 1.211 Patienten mit 1.430 Operationen relevant. Für die Post-Phase waren es 1.269 Patienten mit 1.583 Operationen. Der Vergleich zwi-schen Prä- und Post-Phase zeigte, dass die HHA gestiegen ist und auf Station bei 81,4% lag. Im OP-Bereich war es ein Anstieg von 12,6% auf 52,2%. Die vergleichsweise geringe Adhärenz im OP-Bereich sei erklärbar durch unregelmäßiges Feedback und fehlende praktische Studien. Die NI-Rate konnte von 4,1% auf 2,2% reduziert werden. Ebenso nahm die SSI-Rate von 3,1% auf 1,6% ab. Bei Wundinfektionen konnte in beiden Phasen am häufigsten S. aureus, Koagulase-negative Staphylokokken sowie Enterobakterien nachgewiesen werden.
Die lokalen Gegebenheiten und Abläufe auf den Stationen und im OP wurden bei der Ausarbeitung des IPB berücksichtigt. Der Vergleich der Prä- und Post-Phase sei vom Hawthorne-Effekt ausgeschlossen, da dieser bei beiden Phasen wirksam gewesen wäre. Die Kombination von Nasensalbe, antiseptischen präoperativen Waschungen und wei-teren Maßnahmen sei ein möglicher Grund gewesen, die ohnehin schon niedrige Wundinfektionsrate weiter zu senken.
Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=1041&typ=16&aid=233070&s=hygiene
7. Schnelle Anpassungsfähigkeit von Acinetobacter baumannii
Das häufig gegen Antibiotika resistente Bakterium Acinetobacter baumannii wird meist im Krankenhaus erworben. Für die Bekämpfung werden neue Therapieansätze benötigt. Forscher konnten eine unerwartete Diversität in den Zellanhängen nachwei-sen, welche mit der Pathogenität zusammenhängt, woraus neue Behandlungsstrate-gien resultieren könnten.
Wie gefährlich antibiotikaresistente Keime für Patienten sein können, machen die fol-genden Zahlen deutlich. Allein in Europa erkranken jährlich rund 670.000 Menschen an einem antibiotikaresistenten Erreger. Bei 33.000 Fällen endet eine Infektion tödlich. Der Erreger A. baumannii ist sogar gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig resistent. Bis zu fünf Prozent aller nosokomialen bakteriellen Infektionen seien auf diesen Erreger zurückzuführen und sogar zehn Prozent aller in diesem Zusammenhang tödlich verlau-fenden Infektionen. Dies ist Grund genug, dass die WHO diesen Erreger weit oben auf die Liste schreibt, für welche neue Behandlungsmethoden entwickelt werden müssen.
Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt und dem LOEWE-Zentrum für Transla-tionale Biodiversitätsgenomik (LOEWE-TBG) haben hierzu Genome und die darin kodier-ten Proteine über eine Vielzahl unterschiedlicher Acinetobacter-Stämme hinweg unter-sucht. Hierzu wurde eine neue bioinformatische Methode entwickelt, die nicht nur un-tersucht, ob ein Gen in einem Bakterienstamm vorkommt, sondern auch ob die Bakte-rien schon vorhandene Gene verändern, und somit auch ihre Eigenschaften.
Die haarähnlichen Zellanhänge (Typ-IVa-(T4A)-Pili) von Bakterien dienen zur Interaktion mit der Umwelt. Da sie bei Pathogenen als Schlüsselfaktor für die Virulenz vermutet werden, deutet dies darauf hin, dass durch Evolution wiederholt neue Eigenschaften erworben wurden. Diese Vermutung konnte das Forscherteam anhand des Protein ComC innerhalb der Gruppe der pathogenen Acinetobacter-Stämme bestätigen. Selbst verschiedene Stämme von A. baumannii würden über unterschiedliche Varianten des Proteins verfügen. Da sich bei den Proteinen jeweils nur die Spitze verändern würde, sei es für den Erreger möglich über kurze evolutionäre Zeiträume drastische Funktions-änderungen zu erreichen.
Dieses Wissen soll nun genutzt werden, um die Behandlung von Infektionen mit A. baumannii zu verbessern. So könnten auf einen ganz bestimmten Erregerstamm zuge-schnittene Therapien entwickelt werden. Ebenso zeige die Studie, dass es weitaus mehr Komponenten zur Charakterisierung von Pathogenen gäbe.
Weiterführender Link:
https://www.management-krankenhaus.de/news/so-passt-sich-der-krankenhauskeim-acinetobacter-baumannii-schnell-neue-umweltbedingungen
Bitte beachten Sie, dass diese Informationen eine individuelle Beratung nicht ersetzen können!
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