Hygiene-News Februar bis September 2020

Hygiene-News Februar bis September 2020

1. KRINKO: Empfehlung zu Anforderungen an Abwasser veröffentlicht

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut hat im März dieses Jahres ihre neue Empfehlung „Anforderungen der Hygiene an abwasserführende Systeme in medizinischen Einrichtungen“ veröffentlicht.

Waschbecken, Siphons, Duschabläufe, Toiletten und Küchenabwässer sind seit langem als Reservoir für fakultativ pathogene Erreger bekannt und konnten in den vergangenen Jahren häufig als Ursache nosokomialer Infektionsausbrüche identifiziert werden. Die genauen Übertragungswege, deren Unterbrechung aus dem Abwassersystem und dessen Quelle aus Erregerreservoir nosokomialer Infektionen sind jedoch weiterhin ungeklärt, sodass hier Forschungsbedarf besteht. Interventionen sind dennoch sinnvoll. In Abhängigkeit vom Antibiotikaeinsatz sowie der Infektionsgefährdung der Patienten ist es erforderlich, die Anforderungen an und den Umgang mit abwasserführenden Systemen in medizinischen Einrichtungen zu definieren.

Die KRINKO differenziert hinsichtlich des Infektionspotentials folgende Bereiche:

  • Ohne Infektionsrisiko: Verwaltung, Hörsäle, Unterrichtsräume Angehörigen-Toiletten, Speisesäle für med. Personal.
  • Mögliches Infektionsrisiko: Bereiche mit Patienten mit invasiven Systemen, Verletzungen von Haut und Schleimhaut, Antibiotikatherapie.
  • Besonderes Infektionsrisiko: Vermehrter AB-Einsatz, infektionsriskante Patienten, Polytrauma, ITS, Neonatologie, Weaning, Neurologische Frührehabilitation

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Abwassersysteme in der Regel untereinander verbunden sind und sich bestimmte Risiken damit ggf. nicht auf bestimmte Bereiche begrenzen lassen.

Aus dieser Risikoeinstufung ergeben sich folgende infektionspräventive Aspekte:

  • Das Design von Waschbecken, Duschen und WC (z.B. randlose WC-Becken) sollte bei Umbau und Neuplanungen geprüft werden.
  • Die Verwendung von Peroxiden oder chlorbasierten Mitteln bei der gezielten Sanierung von Installationen ist zu bevorzugen.
  • Rückstaumöglichkeiten sind zu minimieren.
  • Havariepläne in Patientenbereichen sollten mit der Hygienefachkraft erarbeitet werden.
  • In Küchen sind entsprechende Maßnahmen zu etablieren (z.B. keine Hochdruckreinigung der Flächen).
  • Bei Ausbrüchen und Fehlen sonstiger Erklärungen oder nicht identifizierter Übertragungswege ist auch an die Sanitäreinrichtungen als Reservoir zu denken.

Weiterführender Link:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Anforderungen_Abwassersysteme.pdf;jsessionid=B180DBF055B8D7B0C8D736564215A035.internet082?__blob=publicationFile

2. Hygiene-Tipp: Erregerreservoir Absaugschlauch bei Endoskopien

In ihrem Hygiene-Tipp von Februar informierten die Autoren Jatzwauk, Popp, Schmithausen und Kohnen von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) über die Rolle von Absaugschläuchen als Erregerreservoir nosokomialer Infektionen bei endoskopischen Untersuchungen.

Die Experten berichteten über Publikationen nosokomialer Infektionen in der Vergangenheit, die nach durchgeführten Endoskopien bei Nutzung flexibler Endoskope aufgetreten sind. Als Ursache wurde zumeist eine insuffiziente Aufbereitung durch konstruktionsbedingt erhöhte Aufbereitungsanforderungen, insbesondere bei der Nutzung von Duodenoskopen vermutet.

Die Experten weisen darauf hin, dass bislang Absaugschläuche als mögliche Kontaminationsquelle nicht näher in Betracht gezogen wurden, da in der Praxis häufig die Annahme besteht, dass eine retrograde Kontamination aus den Absaugschläuchen in das Endoskop nicht möglich sei. Aus diesem Grund werden die Absaugschläuche nach Untersuchungen des oberen und unteren Gastrointestinaltraktes häufig nicht nach jedem Patienten gewechselt.

Die Autoren weisen darauf hin, dass eine solche retrograde Kontamination aus dem gebrauchten Absaugschlauch auf das aufbereitete Endoskop jedoch nachweisbar ist. Aus diesem Grund sei es zwingend erforderlich, die Herstellerangaben zu beachten und den zwischen Absauganlage und Versorgungsstecker befindlichen Absaugschlauch nach jeder Untersuchung komplett zu wechseln.

Weiterführender Link:
https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/hygiene-tipp/hygienetipp2020/740

3. MRSA: Krankenfahrten auch ohne Qualifikation möglich

Das Landgericht Köln hat jüngst entschieden: Zur Beförderung von Patienten, die mit Multiresistenten Erregen kolonisiert sind, bedarf es keiner Genehmigung und keinem qualifizierten Krankentransport.

Dem Urteil vorausgegangen war die Klage eines Krankentransportunternehmens gegen einen Mitanbieter. Dieser sah während des Transports von MRSA-kolonisierten Patienten ein erhöhtes Infektionsrisiko und daraus resultierend notwendige Hygienemaßnahmen, die durch unqualifizierte Krankenfahrdienste nicht gewährleistet werden können. Nach Meinung des Klägers dürften wegen der besonderen Ansteckungsgefahr solche Personen also nur im qualifizierten Krankentransport mit entsprechend geschultem Personal befördert werden.

Das Landgericht Köln wies die Klage ab und wich damit von der bisherigen Rechtsprechung der Landes- und Oberlandesgerichte in NRW ab. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass auf Basis des Sachverständigengutachtens für den Transport von MRSA-Patienten keine besonderen Hygienemaßnahen erforderlich seien.

Weiterführender Link:
https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Fahrdienst-darf-MRSA-Patienten-befoerdern-407564.html

4. Infoblatt: Prävention von Harnwegskatheterinfektionen

B. Braun hat auf seinem Internetportal ein hilfreiches Informationsblatt zur Aufklärung und Vermeidung Katheter-assoziierter Harnwegsinfektionen bereitgestellt.

Harnwegskatheter-assoziierte Infektionen gehören zu den häufigsten nosokomialen Infektionen in Deutschland. Um diese zu vermeiden, bedarf es einer Reihe von Präventionsmaßnahmen. In dem bereitgestellten Informationsblatt werden die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut (RKI) verständlich erläutert. Das Infoblatt steht auf der Homepage von B. Braun gebührenfrei zum Download bereit.

Weiterführender Link:
https://www.bbraun.de/de/unternehmen/newsroom/news/2020/2--quartal-2020/katheter-assoziierte-harnwegsinfektionen-vermeiden.html

5. MRSA: Neuer Stamm häufig durch PCR nicht identifiziert

Untersuchungen von InfectoGnostics-Forschern des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) haben ergeben, dass zwei der aktuell verwendeten MRSA-Schnelltests einen neuen Stamm von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus nicht detektieren können. Die Ergebnisse einer gemeinsamen Studie mit internationalen Partnern wurden kürzlich im Fachjournal Eurosurveillance veröffentlicht.

Der in Europa zunehmend verbreitete neue MRSA-Stamm wird wegen einer Veränderung in seinem Genom durch zwei der zur Diagnostik verwendeten molekularen Tests nicht mehr korrekt als MRSA erkannt. Ursächlich für die falsch-negativen Resultate sei nach Angaben der Wissenschaftler eine zusätzliche Gensequenz des neuen Stammes, genau in dem Abschnitt des Genoms, auf dem sich üblicherweise die MRSA- typischen Resistenzgene befinden. Dies führe dazu, dass MRSA nicht mehr als solcher erkannt werde.

Laut Stefan Monecke, Facharzt für Mikrobiologie können diese falsch-negativen Ergebnisse in Kombination mit der weiten Verbreitung des Stammes schnell zu Fehlentscheidungen hinsichtlich einer notwendigen Isolierung betroffener Patienten oder der Initiierung einer falschen Antibiotikatherapie führen. Dies könne sogar Menschenleben kosten.

Er sieht die Hersteller nun in der Verpflichtung schnellstmöglich aktualisierte molekulare Tests auf den Markt zu bringen. Für die klinische Praxis sei es in Anbetracht der neuen Erkenntnisse umso wichtiger zur Identifikation von MRSA zunächst konventionelle Antibiogramme einzusetzen.

Weiterführender Link:
https://www.management-krankenhaus.de/news/neuer-mrsa-stamm-von-manchen-tests-nicht-erkannt

6. Hygiene-Tipp: Speisenversorgungskonzepte im Krankenhaus

Im gemeinsamen Hygienetipp der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) und des Berufsverbands Deutscher Chirurgen (BDC) berichteten die Hygieneexperten Popp, Jatzwauk, Schmithausen und Kohnen im Juni über die Anforderungen an die moderne Speisenversorgung in Krankenhäusern.

Die Speisenversorgung der Patienten im Krankenhaus erfolgt in Deutschland zunehmend durch klinikeigene Zentralküchen oder aber durch externe Anbieter außerhalb des Krankenhauses. Die in der Vergangenheit oftmals praktizierte Zubereitung von Mahlzeiten auf der Station gilt als obsolet.

In Ihrer Veröffentlichung geben die Autoren einen Überblick über die drei wichtigsten Versorgungskonzepte Cook & Serve, Cook & Chill sowie Cook & Freeze.

Die Autoren weisen darauf hin, dass bei geplanten Renovierungen oder Neubauten unbedingt ein Fokus auf das Speisenversorgungskonzept gelegt werden muss. Hierzu gehört z.B. die Erhebung der maximalen Patienten, die beim Mittagessen nicht anwesend sind, um genügend geeignete (Tief-)Kühlschränke bereitzustellen. Eine Alternative zur Vorhaltung des warmen Essens auf der Station stellen Fertiggerichte, kalte Lunchpakete oder eine bedarfsorientierte Belieferung aus der Zentralküche bis in den Nachmittag hinein dar.

Weiterführende Links:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-speisen-versorgungskonzepte/?parent_cat=252
https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/hygiene-tipp/hygienetipp2020/754

7. Bei Augenentzündungen auch an exotische Erreger denken

Im Vorfeld des 118. Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) wies Carsten Heinz, Ltd. Arzt am Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital Münster, auf eine Veränderung des Erregerspektrums bei Infektionen am Auge hin. In Anbetracht von Klimawandel, Migration und weltweiter Mobilität sollen Augenärzte beim Auftreten entzündlicher Augenerkrankungen auch hierzulande infektiöse Ursachen in Betracht ziehen, die bisher ausschließlich in Afrika oder Asien auftraten.

Der Experte sieht die wesentliche Schwierigkeit für Augenärzte im Erkennen eben dieser Infektionen. Zusätzlich zu neu auftretenden viralen Infektionskrankheiten mit okulärer Beteiligung, wie z.B. Entzündungen der Choroidea durch Dengue-, Chikungunya-, West-Nil- und Zika-Viren finden sich zunehmend auch ehemals in den Hintergrund geratene bakterielle Erkrankungen, wie z.B. Bindehautentzündungen durch Chlamydien oder eine Tuberkulose. Unbehandelt können diese Infektionen Sehschäden bis hin zur Erblindung verursachen. Betroffen sind bislang vor allem Reiserückkehrer und Menschen mit Migrationshintergrund.

Zur Diagnosefindung sei neben der körperlichen Untersuchung auch eine gründliche Anamnese von entscheidender Bedeutung.

Weiterführende Links:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=117042&s=hygiene
https://www.management-krankenhaus.de/node/333477

8. GKV-Hygienesonderprogramm: 2.000 Stellen für Hygienepersonal

Aus dem aktuellen Hygienebericht des GKV-Spitzenverbandes geht hervor, dass Deutsche Kliniken durch das Hygienesonderprogramm der gesetzlichen Krankenkassen fast 2.000 zusätzliche Stellen für Hygienefachpersonal geschaffen haben. Das bereits im Jahr 2013 initiierte Programm mit dem Ziel, nosokomiale Infektionen durch eine verbesserte Personalstruktur zu verhindern, wurde zuletzt mehrfach verlängert.

Laut der Veröffentlichung des GKV-Spitzenverbands wurden den Krankenhäusern von 2013 bis 2019 insgesamt knapp 540 Millionen Euro für neues Hygienepersonal zusätzlich bereitgestellt. Genutzt wurden die Mittel von 1.361 der insgesamt 1.450 anspruchsberechtigten Krankenhäusern.

Der Schwerpunkt der monetären Förderung liegt weiterhin mit ca. 391 Millionen Euro auf der Neueinstellung von Hygienefachpersonal, der internen Besetzung vakanter Stellen sowie der Aufstockung von Teilzeitstellen. Zudem wurden Mittel für die Fort- und Weiterbildung des medizinischen Personals sowie für externe Beratungsleistungen und pauschalisierte Zuschläge bereitgestellt.

Weiterführender Link:
https://www.aerztezeitung.de/Politik/So-viele-Hygienefachkraefte-haben-Krankenhaeuser-neu-eingestellt-412096.html

9. Cesar: Neues Zentrum für Antibiotikaforschung in Bochum

Mit der Gründung des „Center für systembasierte Antibiotikaforschung“ (Cesar) ent-steht an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) ein neues Zentrum für Antibiotikaforschung in Deutschland. Das gemeinsame Projekt mit dem Lead Discovery Center in Dortmund wird vom Europäischen Fond für regionale Entwicklung und dem Land NRW mit rund vier Millionen Euro gefördert.

Aktuell betreiben den Experten zu Folge nur wenige Unternehmen weltweit Antibiotikaforschung und -entwicklung. Die Mehrheit der aktuell verwendeten Antibiotika wurde in den 1940er- bis 1960er-Jahren entdeckt. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts seien lediglich nur zwei neue Antibiotika-Strukturklassen entdeckt worden. Laut Bert Klebl vom Lead Discovery Center sei eines der Hauptprobleme ein akuter Mangel an vielversprechenden neuen antibakteriellen Substanzen, die als Ausgangspunkt für neue Entwicklungsprojekte dienen können.

Hauptaufgabe des Cesar soll der Aufbau einer Forschungsstruktur sein, in der modernste Geräte für die Suche nach neuen antibakteriellen Naturstoffen und für die Analyse der Wirkung und Wirkungsmechanismen von Antibiotika eingesetzt werden. Zusätzlich sollen Kapazitäten bereitgestellt werden, um vielversprechende Substanzen in ausreichender Menge für Forschung und Entwicklung zur Verfügung zu stellen.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=114873&s=antibiotika

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