Hygiene-News Februar 2019

Hygiene-News Februar 2019

1. Hygiene-Tipp: Postoperative Wundversorgung und Verbandwechsel

Mit dem aktuellen Hygienetipp des Berufsverbands Deutscher Chirurgen (BDC) veröffentlichen die bekannten Krankenhaushygieniker Popp und Zastrow als Ergänzung der KRINKO-Empfehlung eine praktische Umsetzungshilfe zur Durchführung postoperativer Verbandwechsel.

Die bereits im April 2018 veröffentlichte Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut (RKI) zur Prävention postoperativer Wundinfektionen beinhaltet – im Gegensatz zur abgelösten Empfehlung – keine detaillierten Aussagen zum hygienischen Handling postoperativer Wunden. Die aktuelle Veröffentlichung des BDC bietet eine fundierte Unterstützung zur Etablierung einer hygienisch einwandfreien Wundversorgung innerhalb der eigenen Einrichtung.

Die Autoren mahnen septische Wunden mit der gleichen hygienischen Sorgfalt wie aseptische Wunden zu behandeln und empfehlen die bewährte Reihenfolge der Wundversorgungen innerhalb einer Verbandvisite von aseptisch nach septisch einzuhalten. Sie geben eine mögliche standardisierte Handlungsabfolge vor, die unter Beachtung hygienischer Grundprinzipien eine gute Basis zur Erstellung und Implementierung eines internen Standards bietet.

Weiterführender Link:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-verbandswechsel-und-wundversorgung/?parent_cat

2. Leitfaden zum Hygienemanagement in Arztpraxen aktualisiert

Das Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte der Kassenärztlichen Vereinigungen (COC) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat jüngst die 2. Auflage des Leitfadens zum Hygienemanagement in Arztpraxen veröffentlicht.

Neben allgemeinen Themen wie Personal- und Umgebungshygiene enthält der aktualisierte Leitfaden zusätzlich spezielle Hinweise für die Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten sowie eine Übersicht der wichtigsten Rechtsgrundlagen zu Hygiene, Medizinprodukten und Arbeitsschutz sowie die sich daraus ableitenden Pflichten und praktischen Umsetzungsempfehlungen. Die aktualisierte Auflage wurde um die Bereiche Mikroorganismen, Desinfektionsmittel und Validierung bei der Aufbereitung von Medizinprodukten ergänzt.

Der Leitfaden kann gebührenfrei auf der Internetseite des Kompetenzzentrums Hygiene und Medizinprodukte heruntergeladen werden.

Weiterführende Links:
https://www.hygiene-medizinprodukte.de/download/hygieneleitfaden-arztpraxis/
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=101149&s=hygiene
https://www.bdc.de/hygiene-in-der-arztpraxis-aktualisierter-leitfaden-veroeffentlicht-kbv-14-2/

3. Arbeitsgericht Aachen: Verbot künstlicher Nägel bestätigt

Interessantes Urteil: Das Arbeitsgericht in Aachen hat kürzlich eine in einem Altenheim tätige Betreuungskraft dazu verpflichtet, während der Arbeitszeit auf künstliche Fingernägel zu verzichten.

Die Mitarbeiterin einer Alten- und Pflegeeinrichtung aus Heinsberg hatte gegen die Dienstanweisung ihres Arbeitgebers geklagt, die ein Verbot von Nagellack und künstlichen Fingernägeln während der Tätigkeit am Bewohner vorsah. Die Klägerin begründete dies mit einer Einschränkung ihrer Persönlichkeitsrechte.

Das Arbeitsgericht folgte der Einschätzung des Arbeitgebers und den maßgebenden Empfehlungen u.a. des Robert Koch-Instituts. Das generelle Verbot von künstlichen Fingernägeln in der Einrichtung wurde damit begründet, dass der Gesundheitsschutz der Bewohner höher als die Persönlichkeitsrechte der Klägerin zu gewichten seien.

Weiterführender Link:
https://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/recht/article/982192/hygiene-gericht-verbietet-pflegerin-lange-fingernaegel.html?sh=1&h=-385783083

4. Antibiogramm: Neudefinition der Kategorie "I"

Mit dem Inkrafttreten der neuen Grenzwerttabelle hat das European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST) die Kategorie "I" bei der Antibiotika-Resistenzbestimmung neu definiert. Seit dem 01.01.2019 berücksichtigen die Bewertungen "S" und "I" nun erstmals explizit die Aspekte der Dosierung bzw. der am gewünschten Wirkungsort erreichbaren Konzentration der jeweiligen Substanz.

Die angepasste Definition für "I" bezeichnet somit "sensibel bei erhöhter (increased) Exposition", "S" bezeichnet "sensibel bei normaler Exposition". "R" bezeichnet weiterhin "resistent". Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) hat zur Ableitung notwendiger krankenhaushygienischer Maßnahmen bei der MRGN-Klassifikation eine ergänzende Empfehlung verfasst und im Epidemiologischen Bulletin 09/2019 veröffentlicht.

Weiterführender Link:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2019/Ausgaben/09_19.pdf?__blob=publicationFile

5. Hygienemaßnahmen beim Auftreten von Skabies

Bei Skabies (Krätze) handelt es sich um eine stark juckende, ansteckende Hautkrankheit, die durch die Krätzemilbe (Sarcoptes scabiei) übertragen wird. In jüngster Vergangenheit sind deutschlandweit wieder zunehmend erhöhte Fallzahlen bis hin zu Ausbrüchen zu beobachten.

Unsere nachfolgende Zusammenfassung greift diese Entwicklung auf und bietet Informationen über die spezifischen Symptome und einen knappen Einblick in die erforderlichen Hygienemaßnahmen.

Der gewöhnliche Verlauf einer Skabies-Erkrankung ist durch einen starken, insbesondere nachts auftretenden Juckreiz gekennzeichnet. Im Verlauf kommt es zur Ausbildung von Bläschen, Papeln und Pusteln. Charakteristisch zeigen sich diese Hauteffloreszenzen (u.a.) an folgenden Körperregionen:

  • Finger- und Zehenzwischenräume, Handgelenke und innere Fußränder
  • Gürtellinie, Leistengegend
  • Achselhöhlen, Innenseite der Oberarme

Das Gesicht und der unbehaarte Kopf bleiben i.d.R. erscheinungsfrei, wohingegen die Ausbildung eines nachfolgenden generalisierten Hautausschlags (Sekundärexanthem) möglich ist. Auch bakterielle Superinfektionen der Haut, ausgelöst durch vermehrtes Kratzen bei starkem Juckreiz stellt eine mögliche Komplikation dar.

Übertragungswege

Die Übertragung der Skabiesmilben erfolgt durch direkten und engen Körperkontakt (Haut- zu Haut). Die Übertragungswahrscheinlichkeit innerhalb eines distanzierten sozialen Miteinander wie z.B. Händeschütteln ist eher als gering einzuschätzen. Die Möglichkeit einer indirekten Übertragung durch Bettwäsche, Kleidung etc. besteht theoretisch, ist jedoch aufgrund der rasch abnehmenden Infektiosität der Skabiesmilben außerhalb des menschlichen Körpers praktisch zu vernachlässigen.

Die tatsächliche Übertragungsgefahr scheint weitaus höher als in der
Literatur angegeben. Vermutlich reichen auch einzelne kürzere
Hautkontaktphasen (z.B. bei Blutentnahmen) für eine Übertragung aus.

Anders sind kürzlich aufgetretene Skabies-Häufungen beim medizinischen Personal (auch in Krankenhäusern) kaum zu erklären.

Inkubationszeit und Therapie

Infektionspräventiv problematisch ist die lange Inkubationszeit, die bei einer Erstinfektion 2 bis 6 (selten bis zu 8) Wochen beträgt. In dieser Zeit ist der Patient klinisch asymptomatisch und trägt dennoch zur Verbreitung bei. Die Therapie der Skabies erfolgt durch Abtöten der Milben mittels topisch (lokale Behandlung der Haut) oder in schweren Fällen auch systemisch applizierten Antiscabiosa (Antikrätzepräparate). Letztere sind in Deutschland seit Februar 2016 zugelassen.

Die topische Applikationsform ist grundsätzlich zu bevorzugen. Bei mangelnder Compliance oder anderen individuellen, therapie-erschwerenden Faktoren kann jedoch auf die orale Applikation eines systemisch wirkenden Präparates zurückgegriffen werden. Sofern sichergestellt ist, dass länger andauernde Haut-zu-Haut-Kontakte vermieden werden, können immunkompetente Patienten unmittelbar nach Abschluss der Behandlung mit einem topisch applizierten bzw. 24 h nach Einnahme eines oralen Antiscabiosum wieder am normalen gesellschaftlichen Leben teilnehmen.

Für den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen sind ggf. abweichende Regelungen zu beachten.

Erforderliche Hygienemaßnahmen

Persönliche Schutzausrüstung (PSA):

  • Einmalhandschuhe
  • Langärmeliger Schutzkittel

Händehygiene:
Händedesinfektionsmittel zeigen gegenüber Skabiesmilben keine Wirkung. Nach Ablegen der PSA sind Hände und Unterarme nach erfolgter hygienischer Händedesinfektion gründlich mit Wasser und Seife zu waschen, um eine mechanische Entfernung der Milben herbei zu führen. Gleichzeitig sollte die Hautpflege intensiviert werden.

Aufgrund der unzureichenden Wirkung von Händedesinfektionsmitteln,
kommt der Anwendung von Schutzkleidung eine besondere Bedeutung zu.

Daher ist es ratsam, bei körperlichen Untersuchungen etc. konsequent
Einmalhandschuhe zu tragen, auch und insbesondere, wenn Patienten / Bewohner nur leichte Hautveränderungen aufweisen.

Umgebungsmaßnahmen:
Der Fokus der Dekontaminationsmaßnamen sollte auf Textilien und Gegenstände gelegt werden, zu denen ein längerer Hautkontakt bestand. Zur Vermeidung einer Re-Infektion sind folgende Maßnahmen während bzw. unmittelbar im Anschluss an die Behandlung durchzuführen:

  • Kleidung, Handtücher, Bettwäsche, Blutdruckmanschetten etc. sollten bei mind. 50 °C für ≥ 10 min gewaschen werden.
  • Nicht waschbare Gegenstände sollten luftdicht in Kunststoffsäcke gepackt und für ≥ 72 h bei mind. 21 °C gelagert werden oder 2 Stunden bei -25 °C gelagert werden.
  • Teppiche, Polstermöbel und Kissen sollten, sofern der Patient mit bloßer Haut darauf gelegen hat, mit einem starken Staubsauger abgesaugt oder für ≥ 48 h nicht benutzt werden.

Aufgrund der hohen Ansteckungsfähigkeit sollten enge Kontaktpersonen darüber informiert werden, dass bereits in der asymptomatischen Inkubationszeit eine Ansteckungsfähigkeit besteht und bei Auftreten von Krankheitszeichen eine unmittelbare dermatologische Behandlung erforderlich ist.

Weiterführende Links:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Skabies.html
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/013-052.html
https://www.welt.de/regionales/nrw/article169617591/Bonner-Krankenhaus-schliesst-ganze-Station-wegen-Kraetze.html

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