Hygiene-News Dezember 2022

Hygiene-News Dezember 2022

1. Legionellen-Problem beim Duschen vorbeugen

Durch die Energiekrise werden die Menschen angehalten, ihren Warmwasserverbrauch zu reduzieren und die Duschtemperatur zu drosseln. Nicht immer sei dies eine gute Idee, erklärt Professor Torsten Bauer aus Berlin.

Hintergrund sei die hohe Hospitalisierungsrate der Krankheit und die idealen Vermehrungsbedingungen der Legionellen. Diese liegen nämlich zwischen 25 und 45 °C. Ober- und unterhalb dieser Temperaturen ist die Vermehrung gehemmt.

Aus diesem Grund gibt auch die DGKH Empfehlungen für den Umgang mit Trinkwasserinstallationen zum Vorbeugen von Legionellenbefall während des sparsamen Verbrauchsverhaltens. Es gilt: „Wasser muss fließen“. Und das unabhängig von der Temperatur. Gerade bei wenig genutzten Entnahmestellen ist deshalb ein regelmäßiges Durchspülen der Leitungen unerlässlich. Hierbei gilt, dass die Verweilzeit 72 Stunden nicht überschreiten darf (besser: 24 Stunden).

Weiterführende Links:
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Niedrige-Temperaturen-beim-Duschen-Legionellen-Problemen-vorbeugen-434168.html
https://www.krankenhaushygiene.de/pdfdata/2022_09_04_Stellungnahme-Legionellen-und-Energiesparma%C3%9Fnahmen.pdf

2. KRINKO-Empfehlung: Aktualisierung zur Flächenhygiene

Die von der KRINKO veröffentlichte Empfehlung „Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen“ hat eine Aktualisierung erhalten, mit welcher der Flächenhygiene eine angemessene Bedeutung zu kommt.

Insgesamt wird die Empfehlung in drei Teile gefasst: Ein allgemeiner Teil zum aktuellen Stand der Wissenschaft mit aktueller Literatur, eine Empfehlungsübersicht der KRINKO sowie ein informativer Anhang.

Zur Flächenhygiene wurde das Thema Übertragungswege über die Hände hinzugezogen. Denn die Flächenhygiene und die Händehygiene müssen sich ergänzen, um erfolgreich gegen die Verbreitung von nosokomialen Infektionen vorzugehen. Neu aufgenommen in die Empfehlung wurden u.a. auch die „5 Momente der Flächenhygiene“:

  • Flächenhygiene als Teil der Basishygiene auf patientennahen Flächen, insbesondere häufig berührter Flächen
  • Gezielte Flächendesinfektion nach Kontaminationen
  • Flächendesinfektion vor aseptischen Tätigkeiten
  • Schlussdesinfektion nach der Entlassung eines Patienten
  • Flächendesinfektion als Teil eines umfassenden Maßnahmenbündels im Falle eines Ausbruches

Im Rahmen einer Risikobewertung soll ebenso festgelegt werden, ob eine Reinigung, Desinfektion oder desinfizierende Reinigung der Flächen durchgeführt werden soll, da jede der Methoden unterschiedliche Ziele verfolgt. Die KRINKO gibt Hilfestellungen, in dem sie Bereiche gemäß ihrem Infektionsrisiko in sechs Kategorien aufteilt.

Weiterführende Links:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Flaeche_Rili.pdf?__blob=publicationFile
https://www.hartmann-science-center.com/de-de/hygiene-knowledge/surface-hygiene/surface-disinfection/die-neue-krinko-empfehlung-zur-flaechenhygiene

3. Hautinfektionen durch PVL-bildenden Staphylococcus aureus

Häufig sind sonst gesunde junge Menschen von rezidivierenden Abszessen betroffen, die durch Panton-Valentine-Leukozidin-produzierenden Staphylococcus aureus (PVL-SA) Stämmen hervorgerufen sein können.

Hautinfektionen mit PVL-SA seien mit Hilfe gezielter Anamneseerhebung und Diagnostik gut von anderen Hauterkrankungen abzugrenzen. Dabei zählen Haut- und Weichteilinfektionen bakteriellen Ursprungs zu den häufigsten Infektionen weltweit. S. aureus ist eine häufige Ursache für die Bildung von Abszessen. Verschiedene Oberflächenproteine und Virulenzfaktoren sorgen für eine Abkapselung und Immunevasion. Die häufigen Rezidive können zudem an allen Stellen des Körpers auftreten.

PVL-SA kann durch eine spezifische Zellwand Porenbildung Leukozytolyse und Dermatonekrosen verursachen. Bei 61,3% der Haut- und Weichteilinfektionen in Deutschland mit S. aureus kann das PVL-Gen nachgewiesen werden. Die Diagnose wird durch eine Kombination aus Wund- und Nasen-Rachen-Abstrich und anschließender Kultivierung ermittelt. Drainage und antimikrobielle Therapie seien Mittel der Akuttherapie in solchen Fällen. Präventive Maßnahmen seien eine topische Sanierung mit Mupirocin-Nasensalbe und Ganzkörperwaschungen mit Chlorhexidin oder Octenidin. Gegebenenfalls sei auch eine Mundspüllösung erforderlich. Enge Kontaktpersonen sollten die Sanierung ebenfalls durchführen.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/228336/Hautinfektionen-durch-Panton-Valentine-Leukozidin-bildenden-Staphylococcus-aureus

4. Clostridioides difficile: Neues Therapie-Präparat

Zugelassen wurde jetzt erstmals ein Arzneimittel, durch die US-Arzneimittelbehörde FDA, hergestellt aus menschlichen Stuhlproben zur Prävention von erneuten C. difficile Infektionen. Dieses wird rektal angewandt und darf nur bei Personen ab 18 Jahren eingesetzt werden.

Ursachen für die rezidivierenden C. difficile Infektionen seien laut dem RKI der vermehrte Einsatz von Breitspektrumantibiotika, die längere Zeitdauer der antibiotischen Therapie und der kombinierte Einsatz mehrerer Antibiotika im Krankenhaus.

Der Erreger, der auch in der gesunden Darmflora vorkommt, verdrängt andere Mikroorganismen im Darm. Dadurch wird der Darm geschädigt und die Betroffenen können an einer Darmperforation sterben. Die Behandlung mit Antibiotika sei kritisch, da sie auch andere Bakterien zurückdränge und sich C. difficile so schneller ausbreiten könne. Durch die Zufuhr von Präparaten, hergestellt aus Stuhlproben gesunder Menschen, hoffe man, die physiologische Darmflora zu regenerieren.

Da sich diese Methode nicht standardisieren lässt, gab es Zweifel an der Zulassung eines Präparats. Die FDA hat hierzu einen Leitfaden erstellt, der festlegen soll, welche Bedingungen an die Vermarktung von lebenden biotherapeutischen Arzneimitteln gelten. Zuvor konnte in einer Studie nachgewiesen werden, dass Patienten mit der Behandlung des Präparats in 70,6% der Fälle keine weitere C. difficile Infektion mehr erlitten. Nach Angaben des Herstellers waren mehr als 90% der Studienteil¬nehmer, die einen Behandlungserfolg erzielten, auch nach 6 Monaten frei von einem C. difficile Infektion-Rezidiv.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/139331/Clostridioides-difficile-FDA-laesst-Mikrobiom-Praeparat-zur-Praevention-zu

5. Hygiene-Tipp: Welche Masken nach der Corona-Pandemie?

Alltäglich gewordene Hygienemaßnahmen haben während der Corona-Pandemie gezeigt, dass klassische Infektionskrankheiten verhindert werden konnten.

In den Jahren 2020 und 2021 konnte die Zahl vieler Infektionskrankheiten deutlich reduziert werden. Dazu zählen die klassische Grippe, Norovirus, Rotavirus, Mumps und Keuchhusten sowie Windpocken. Grund ist hier der ähnliche Übertragungsweg. Krankheiten mit anderem Übertragungsweg wie z.B. MRSA oder C. difficile Infektionen zeigten keine Auswirkungen.

Durch die Vermeidung von Präsenzunterricht in Schulen, die Maskenpflicht und die Abstandsregeln, kam es ebenso zu einem Rückgang der RSV-Infektionen, welche dann im Sommer 2021 „nachgeholt“ wurden. Da unser Immunsystem auf regelmäßige Infektionen angewiesen ist, sei das regelmäßige Tragen von Masken im Winter nach der Pandemie nicht empfehlenswert. Ausnahme sei natürlich der Kontakt mit immunsupprimierten Menschen.

Für den OP-Bereich fordere die KRINKO das vollständige Abdecken der Bart- und Kopf-haare sowie des Mundes und der Nase. Nur Astrohauben könnten dies gewährleisten. Ebenso sollen im OP nur Masken verwendet werden, die mit Bändern hinter dem Kopf gebunden werden.

Weiterführende Links:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-hygiene-tipp-welche-masken-nach-der-pandemie/?parent_cat=252
https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/hygiene-tipp/hygienetipp2022/915

6. Wischdesinfektion transvaginaler Ultraschallsonden validierbar?

Transvaginale Ultraschallsonden (TVUS) müssen nach jeder Verwendung bakterizid, levurozid und viruzid aufbereitet werden, um Infektionen zwischen Patientinnen zu vermeiden.

Schwer zugängliche Geräteteile machen diese Aufgabe nicht einfach. Die Validierbarkeit der manuellen Wischdesinfektion, welche in den meisten Praxen als Standardverfahren zu Aufbereitung genutzt wird, steht momentan stark in der Diskussion. (Teil-)maschinelle Verfahren oder Tauchdesinfektion würden die Kosten und den Zeitaufwand in den gynäkologischen Praxen und Kliniken immens erhöhen – und ein besseres Desinfektionsergebnis ist nicht garantiert.

Vom Hartmann Science Center wurde gemeinsam mit dem Dr. Brill + Partner Institut ein Ansatz erarbeitet, der die Aufbereitung mit einer Wischdesinfektion validierbar macht. Mit festgelegter Wischdauer, Tücherzahl und Vorgehensweise konnten mit Microbac Virucidal Tissues eine ausreichende Reduktion von Bakterien erreicht werden.

Leider ist noch unklar, inwieweit diese Ergebnisse auch auf Desinfektionstücher anderer Hersteller übertragbar sind.

Weiterführende Links:
https://www.hartmann-science-center.com/de-de/hygiene-knowledge/hygiene-measures/reprocessing-of-medical-devices/aufbereitung-transvaginaler-ultraschallsonden
https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/873

7. Immunitätslücke bei RSV durch Lockdown

Eine repräsentative Studie aus den Niederlanden kommt zu dem Ergebnis, dass der Lockdown, die Maskenpflicht und soziale Distanzierung zu einem Rückgang der Immunität gegen das RS-Virus geführt haben.

In allen Altersgruppen sei eine reduzierte Immunität festzustellen. Saisonale Epidemien wie sonst üblich seien in den Niederlanden im Winter 2020/21 ausgefallen. Dies passe zu den niedrigen Hospitalisierungszahlen von Säuglingen, auch in anderen Ländern.

Nach den Lockerungen der Corona-Maßnahmen in 2021 kam es zu einer ungewöhnlichen Sommerepidemie. Vor der Pandemie konnte das RS-Virus ein stabiles populationsbezogenes Immunitätslevel halten. Durch eine geringere Zirkulation könnten das Immunitätslevel gesunken sein und sich Infektionswellen dadurch leichter aufbauen.

Durch archivierte Serumproben von rund 600 Personen einer repräsentativen Stichprobe zur Beobachtung häufiger Infektionen, konnte ein Rückgang der Konzentration von RSV-Antikörpern im Zeitraum von 2020 bis Juni 2021 beobachtet werden. Ältere Personen wiesen hierbei generell eine höhere Anzahl an Antikörpern auf. Vermutlich durch eine höhere Anzahl durchlebter RSV-Infektionen.

Eine kleine Zahl von Probanden (1,9%) hatte einen Anstieg der Antikörper zu verbuchen. Gerco den Hartog vermutet eine Infektion mit dem RS-Virus trotz ausgebliebener Epidemie. Vor dem Anstieg hatten alle Betroffenen eine niedrigere Anzahl an Antikörpern als der Rest der Probanden. Somit sei ein Anstieg des Infektionsrisikos mit dem Rückgang der Antikörperkonzentration wahrscheinlich.
Das Deutsche Ärzteblatt berichtet, dass die Fallzahlen von RSV-Infektionen in Deutschland mit denen des Vorjahres vergleichbar seien.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/139779/Lockdown-hat-zu-Immunitaetsluecke-bei-RSV-gefuehrt

8. Klinikabwässer: Gefährliche Bakterien

Eine Studie der Uni Gießen lässt darauf schließen, dass antibiotikaresistente Keime mit Krankenhausabwässern freigesetzt werden.

Das Institut für Angewandte Mikrobiologie fand Bakterien der Gattung Acinetobacter in Proben aus städtischen und ländlichen Regionen, jedoch wurden multiresistente Stämme nur in den Kläranlagen nachgewiesen, welche auch Klinikabwässer reinigen.

Eine überraschende Eigenschaft der Bakterien war, dass sie die Behandlung in Biogasanlagen und Faultürmen überleben. Sauerstoff dient den Bakterien eigentlich als Energiequelle. Anscheinend konnten die Keime während der Behandlung aber auf Polyphosphat zurückgreifen.

Weitergehend soll untersucht werden, wie sich die Bakterien in gereinigtem Wasser verhalten und wie sie Resistenzen mit anderen Bakterien austauschen.

Weiterführende Links:
https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/gefaehrliche-bakterien-in-klinikabwaessern-18559646.html
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0048969722072825?via%3Dihub

9. Kältereize unterdrücken Abwehrmechanismen

Amerikanische Wissenschaftler haben einen möglichen Erklärungsansatz für die Zunahme von Grippeinfektionen im Winter. In ihrer Publikation heißt es, dass externe Kältereize Immunabwehrmechanismen unterdrücken.

Saisonale Schwankungen und der Einfluss der Umgebungstemperatur sind bekannte Einflussfaktoren bei der Modulation von Immunantworten. Die zugrundeliegenden Mechanismen hingegen eher weniger.

Ein Forscherteam der Havard Medical School in Boston untersuchte hierzu die Rolle von Nasenepithel abgeleiteten extrazellulären Vesikeln (EVs) bzw. wie menschliche Zellen aus der Nasenschleimhaut im Vergleich zu autologen Zellen auf drei verschiedene virale Infektionen reagieren. Durch die Bildung der EVs, welche spezifische Oberflächenrezeptoren trugen, sei die Unterdrückung einer Grippeinfektion wahrscheinlicher, da die Viren eine geringere Chance hatten, sich an die Nasenschleimheut zu binden.

In einem Experiment konnte das Forscherteam feststellen, dass niedrigere Temperaturen die Bildung von EVs hemmen konnten. Somit sei eine Infektion der oberen Atemwege umso wahrscheinlicher, was eine mechanistische Erklärung für die saisonale Variation liefere.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/139528/Kaeltereize-unterdruecken-Abwehrmechanismen-in-der-Nase

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen eine individuelle Beratung nicht ersetzen können!
Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung erfolgen, werden erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt. Trotz sorgfältiger und gewissenhafter Bearbeitung aller Beiträge übernehmen wir keine Haftung für den Inhalt.

Kommentare in kursiv.