Hygiene-News November bis Dezember 2021

Hygiene-News November bis Dezember 2021

1. Hygiene-Tipp: OP-Saal oder Eingriffsraum?

Gerade im ambulanten Bereich stellt sich häufig die Frage, ob für die angedachte invasive Prozedur ein Eingriffsraum reicht oder doch ein OP-Saal nötig ist. Zwischen OP-Saal und Eingriffsraum gibt es bedeutende Unterschiede an die baulichen Anforderungen. In Ergänzung zur KRINKO-Empfehlung Anforderungen der Hygiene beim ambulanten Operieren aus dem Jahr 2018 gibt es nun eine neue Leitlinie von der DGKH.

Der Unterschied zwischen einer Operation und einem Eingriff besteht vor allem im Wundinfektionsrisiko, welches mit der jeweiligen invasiven Tätigkeit einhergeht. Die o.g. KRINKO-Empfehlung weist ein vergleichsweise geringes Wundinfektionsrisiko von Eingriffen an der Haut, am Auge, in der der Mund-, Kiefer- und Stirnhöhle, Endoskopien von Körperhöhlen und radiologischen und kardiologischen Eingriffen aus.

Die deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) geht mit ihrer Leitlinie Bauliche und funktionelle Anforderungen an Eingriffsräume auf die aktuellen Vorgaben der KRINKO ein und konkretisiert damit Anforderungen an Eingriffsräume inklusive baulicher Aspekte wie Raumlufttechnik, Gestaltung der Wand- und Bodenflächen, Möbelbeschaffenheit, Waschplatz und die Ver- und Entsorgung.

Die Leitlinie bezieht sich ebenfalls auf die Liste zur Einteilung von Operationen und Eingriffen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern und geht damit auf die Bereiche der Inneren Medizin, Chirurgie, Gynäkologie, Urologie, Augenheilkunde, HNO-Heilkunde und Zahnmedizin ein. Hierbei werden operative Interventionen in drei Kategorien unterteilt:

  • Kategorie A entspricht einem Operationstrakt
  • Kategorie B entspricht einem Eingriffsraum (geringes Wundinfektionsrisiko)
  • Kategorie C entspricht einem Untersuchungs- und/ oder Praxisbehandlungsraum

Weiterführende Links:
https://www.krankenhaushygiene.de/pdfdata/leitlinien/DGKH_LL_Eingriffsr%C3%A4ume_HM_4_21.pdf
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-op-abteilung-oder-eingriffsraum/?parent_cat=252
https://www.kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/Praxis/Praxisfuehrung/Hygiene/KVB-Uebersicht-MedHygV-Kategorisierung-Operative-Taetigkeiten.pdf

Die verschiedenen Veröffentlichungen haben wir zwecks leichterer Zuordnung in eine Übersichtstabelle gebracht, die die baulichen Anforderungen an OP-Säle und Eingriffsräume direkt gegenüberstellt:
www.hygso.de/content/news/hygso-hygienenews-november-bis-dezember-2021/2022_01_27-eingriffsraum-vs.op-saal-bauliche-anforderungen.pdf

2. Semikritische MP: Wischdesinfektion kein validiertes Verfahren

Das Robert Koch-Institut (RKI) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geben im Epidemiologischen Bulletin (Ausgabe 44, 2021) eine fachliche Einschätzung zur Aufarbeitung semikritischer Medizinprodukte (MP).

Unter die semikritischen Medizinprodukte fallen z.B. Ultraschallsonden, welche mit Schleimhäuten in Kontakt gekommen sind, TEE-Sonden und Laryngoskope. Die Aufbereitung solcher Medizinprodukte mittels Desinfektionswischtüchern löst seit Jahren Diskussionen in Fachkreisen aus, da sich hier die Frage nach der gesetzlich geforderten Validierbarkeit der Aufarbeitung stellt.

Laut der Leitlinie zur Validierung der manuellen Reinigung und manuellen chemischen Desinfektion von Medizinprodukten von RKI, DGKH, DGSV, AKI und dem VAH (Leitlinie sind Medizinprodukte mit abschließender Wischdesinfektion aus dem Geltungsbereich rausgenommen. Eine manuelle Wischdesinfektion könne den Anforderungen an die Aufbereitung nicht gerecht werden. Durch mechanische Einwirkung auf das Tuch müsse Desinfektionsmittel in ausreichender Menge freigesetzt werden, um die Instrumentenoberfläche für die vorgegebene Einwirkzeit vollständig zu benetzen. Außerdem sei die Vielfalt der Instrumente, ihrer Geometrie und der Oberflächen weitere Faktoren, welche die Validierbarkeit einschränken.

Am 28.10.2021 bestätigten RKI und BfArM nun die Unzulässigkeit einer alleinigen Wischdesinfektion als abschließende Desinfektion für semikritische Medizinprodukte und verweist bei manueller Aufbereitung auf die Tauchdesinfektion als zu etablierendes Verfahren.

Herstellerinformationen geben für bestimmte Medizinprodukte eine Wischdesinfektion als geeignetes Aufbereitungsverfahren an. Jedoch entlastet diese Tatsache die Betreiber nicht von der geforderten Validierung der Aufbereitungsverfahren (MPBetreibV §8 (1)). Im Rahmen der Konformitätsbewertungen sei diese Art der Aufbereitung in Zukunft kritisch zu prüfen.

Weiterführende Links:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/44_21.pdf?__blob=publicationFile
https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/873
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Aufb_MedProd/Validierung-Desinf-semikrit-MedProd.html;jsessionid=C88AACF5E6D3257C1E92ABBB5E2CEFA2.internet092?nn
https://www.dgsv-ev.de/wp-content/uploads/2016/09/Manuelle_Leitline_deutsch_Internet.pdf

3. Hygiene-Tipp: Welche Kleidung soll der Patient im OP-Saal tragen?

Die deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) gibt in ihrem Hygiene-Tipp einen kurzen Überblick über den Entscheidungsprozess zur präoperativen Entkleidung des Patienten bei stationären und ambulanten Eingriffen.

Die Entscheidung darüber, inwieweit der Patient entkleidet werden soll, liegt laut Prof. W. Popp allein beim Operateur. Dieser darf während des Eingriffes nicht von der Kleidung gestört werden und muss sicherstellen, dass durch die Kleidung selbst keine Infektionsgefahr für den Patienten ausgeht. Weitere Parameter sind hierbei die Größe des OP-Feldes, die präoperative Hautdesinfektion sowie die Wund- und Patientenabdeckung.

Gegen das Tragen von frisch gewaschener Unterwäsche sei nichts einzuwenden, solange sie bei der Hautdesinfektion und dem Kleben von Inzisionsfolie und Abdeckmaterial nicht stört. Ebenso sei bei kleineren, ambulanten Eingriffen das vollständige Entkleiden des Patienten nicht notwendig. In diesem Fall muss eher darauf geachtet werden, dass die private Kleidung des Patienten bereits vor dem OP-Saal keimarm abgedeckt wird, um einer eventuellen Infektionsgefahr vorzubeugen.

Weiterführender Link:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-welche-kleidung-soll-der-patient-im-op-saal-tragen/?parent_cat=250

4. Neuer Hygieneleitfaden für psychotherapeutische Praxen

Der Leitfaden Hygiene in der psychotherapeutischen Praxis vom Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und Bundesvereinigung (KBV) bekommt eine neue Ausgabe.

Eine Aktualisierung des Leitfadens sei durch medizinischen Fortschritt und rechtlicher sowie fachlicher Änderungen der Grundlagen notwendig gewesen. In der praxisnahen Broschüre werden aktuelle Hygienestandards, der Umgang mit Medizinprodukten und der Arbeitsschutz behandelt.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=1041&typ=1&nid=130295&s=hygiene

5. Weniger Grippekranke dank Corona-Regeln

Die Barmer Krankenkasse ermittelt erneut weniger Grippekranke als im Vorjahr. Ein Grund dafür seien die Corona-Hygienemaßnahmen.

Im Zeitraum Oktober – November 2022 seien bei der Barmer durchschnittlich 722 Versicherte wegen Influenza krankgeschrieben. Das sind 26 Fälle weniger als im Jahr 2020. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 vor Corona waren es noch 1383 Fälle.

Die Abstands- und Hygieneregeln zum Schutz vor Corona würden auch das Infektionsrisiko für Influenza senken. Dennoch verweist die Barmer darauf, sich gegen Influenza impfen zu lassen. Besonders immunsupprimierte Menschen sollten laut der Barmer eine Impfung in Betracht ziehen, da die Grippewelle bis in den April oder Mai andauern könne.

Weiterführender Link:
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Weniger-Grippekranke-dank-Corona-Regeln-425680.html

6. Hygiene-Tipp: Sekundärluftkühlgeräte - Risiken und Maßnahmen

Gesundheitseinrichtungen greifen immer öfter zu Sekundärluftkühlgeräten, wenn sich zentrale Klimaanlagen technisch nicht umsetzen lassen. Räume mit hohen Temperaturen und/oder viel Feuchtigkeit sind Anwendungsgebiete solcher Geräte.

Durch die Auskühlung der Luft und das dabei entstehende Kondenswasser, könne es zu risikoreichen, mikrobiellen Reservoiren kommen. Relevant hierbei sei die wieder ausgeblasene Luft, die so unter Umständen mit Bakterien und Pilzen verunreinigt werden könne.

Zum Betrieb solcher Anlagen ist die DIN 1946-4 und die VDI 6022-1 heranzuziehen. Demnach müssen Inspektionen und Wartungen der Anlagen und Geräte in regelmäßigen Abständen stattfinden. Ebenso ist die DGKH-Leitlinie Hygiene-Empfehlungen zu dezentralen Sekundärluftkühlgeräten für den Betrieb zu empfehlen. Dort kann sich auch zu den Filterstufen (F7 und F9) von Umluftkühlgeräten informiert werden.

Weiterführender Link:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-sekundaerluftkuehlgeraete-risiken-und-massnahmen/?parent_cat=250

7. Krankenhausinfektionen: Patientenbeteiligung wichtiger denn je

Antibiotikaresistenzen sind erneut Thema bei der World Antimicrobial Awareness Week (18. – 24. Nov. 2021), da sie von der WHO zu den TOP 5 Global Health Issues gezählt werden. Bei der Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen sei die patienteneigene Hautflora ein wichtiger Faktor.

Bakterielle Erreger, welche eine Antibiotikaresistenz aufweisen, sind ein ernstzunehmendes Problem bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten. „Infektionen präventiv zu vermeiden, statt im Nachhinein zu behandeln“, sollte der Maßstab sein.

Diesem kommen deutsche Krankenhäuser mit ihren hohen Hygienestandards auch nach. Dennoch träten postoperative Wundinfektionen noch (zu) häufig auf. Ausgelöst werden könnten diese Infektionen zwar durch medizinische Behandlungen, seien jedoch nicht immer auf Fehler des Krankenhauses zurückzuführen.

Studien zufolge würde in den meisten Fällen der Erreger von der Haut des Patienten selbst stammen. Laut Experten könnten durch optimale Hygienemaßnahmen bis zu 50% solcher Infektionen vermieden werden.

Präventive Maßnahmen durch Einbindung des Patienten sollen hier der Schlüssel sein und zudem das Gesundheitssystem nicht zusätzlich belasten. Zur Patientendekontamination gehört demnach eine Ganzkörperwaschung und ein Gel zur Anwendung im Nasenvorhof, welches der Patient bereits vor dem Aufenthalt im Krankenhaus anwendet. Gegen Präparate mit dem Inhaltsstoff Octenidin können Bakterien keine Resistenzen bilden, was einen zusätzlichen Vorteil bietet.

Diese Vorgehensweise hat in der Orthopädie sowie in der Herzchirurgie bereits die Zahl der infizierten Prothesen und Medizinprodukte senken können.

Weiterführende Links:
https://www.schuelke.com/de-de/aktuelles/meldungen/World-Antimicrobial-Awareness-Week.php

8. Hygieneskandal: Urteil gegen Ex-Geschäftsführer rechtskräftig

In dem Prozess gegen den ehemaligen Geschäftsführer des Uniklinikums Mannheim konnte der Bundesgerichtshof keine Mängel feststellen und erklärt das Urteil für rechtskräftig.

Der 70-jährige Ex-Geschäftsführer wurde vom Landgericht Mannheim wegen vorsätzlicher Verstöße gegen das Medizinproduktegesetz zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Dieser habe laut Landgericht die geltenden Hygienebestimmungen zur Aufarbeitung und Lagerung von Medizinprodukten im großen Stil missachtet, um Kosten sparen zu wollen. Genauer soll Sterilgut unzureichend aufbereitet und nicht hygienisch aufbewahrt worden sein. Ebenso wurde OP-Besteck vor der Sterilisation nicht ordnungsgemäß desinfiziert, bevor es erneut zum Einsatz am Patienten kam.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe habe zuvor eine Mängelliste erstellt, welche von dem damaligen Geschäftsführer ignoriert worden sei. Auch auf Beanstandungen von Ärzten und Mitarbeitern sei nicht eingegangen worden. So sollen laut des vorsitzenden Richters am Landesgericht Ulrich Bunk, im Zeitraum von 2011 bis 2014 mindestens 50.000 Patienten gefährdet worden sein.

Die Verteidigung ging gegen das Urteil des Landgerichts in Revision. Diese hat der Bundesgerichtshof nun verworfen und erklärt somit das Urteil gegen den Ex-Geschäftsführer für rechtskräftig.

Weiterführende Links:
https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Hygieneskandal-in-Mannheim-Bundesgerichtshof-bestaetigt-Verurteilung-423950.html
https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Verurteilung-nach-Hygieneskandal-am-Mannheimer-Klinikum-rechtskraeftig-423923.html

9. Keine Impfung gegen Aids/HIV

Ein Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 wurde verhältnismäßig schnell gefunden. Das HI-Virus bleibt trotz jahrzehntelanger Forschung immer noch ohne Impfstoff. Rund 680.000 Menschen starben im Jahr 2020 an den Folgen einer Infektion mit dem HI-Virus. Derzeit leben ca. 38 Millionen Menschen weltweit mit einer HIV-Infektion.

Das HI-Virus unterscheide sich zu den Corona-Viren in seinem komplexeren Aufbau und seiner Neigung zu mutieren. Dies mache die Suche nach geeigneten Antikörpern noch schwieriger. Ein weiterer Unterschied bestehe im Verlauf einer Infektion. Nach einer durchgemachten Infektion mit dem SARS-CoV-2 Erreger würden die meisten Menschen von selbst genesen und von dort an Antiköper in sich tragen, was bei HIV nicht der Fall sei.

Zur Eindämmung der Pandemie wurden bereits zu Beginn hohe Summen für die Forschung an einem COVID-Impfstoff bereitgestellt. Für die Forschung an einem möglichen Impfstoff für das HI-Virus stünden diese Summen nicht zur Verfügung. Eine Impfung sei der einzige Ausweg aus dieser Pandemie.

Auf Basis der Technologie der mRNA-Impfstoffe gegen das Coronavirus, brachte der Hersteller Moderna vergangenen Sommer einen Impfstoff gegen HIV auf den Markt. Dieser würde die nächsten Jahre erprobt.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=1041&typ=1&nid=129539&s=erreger

10. Antibakterielle Wirkung bei neuer Molekülgruppe entdeckt

Die antibakterielle Wirkung einer neuen Molekülgruppe soll gegen viele antibiotikare-sistente Bakterien wirken, fand ein Team aus Forschern der Universitäten Bonn und Umea sowie des Karolinska Instituts heraus.

Durch die Studie des Forscherteams wurde die Molekülgruppe der THCz, als Lipid II hemmend identifiziert, welches zum Aufbau der Zellwand von Bakterien benötigt wird. Ebenso könnten die THCz-Moleküle die Kapselbildung bei Pneumokokken verhindern.

Da diese Moleküle eher klein sind, seien sie leichter zu modifizieren und könnten so verändert werden, dass ihre antimikrobielle Wirkung zunimmt und negative Auswirkungen auf unsere menschlichen Zellen zum großen Teil abnehmen.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=1041&typ=1&nid=130020&s=antibiotika

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