Hygiene-News März 2016

Hygiene-News März 2016

1. KVs und BDC informieren über Frist für Hygiene-Fachpersonal

Mittlerweile haben auch der Bund deutscher Chirurgen und einige Kassenärztliche Vereinigungen auf die Änderung des Infektionsschutzgesetzes und die neue Frist zur Beschäftigung von Hygiene-Fachpersonal hingewiesen. Der hierbei zitierte Abschnitt in §23 Abs. 8 IfSG wird allerdings in Nordrhein-Westfalen häufig missverstanden.

Die im §23 IfSG genannte Frist bis Ende 2019 ist eine Option, die den Landesregierungen eingeräumt wird und gilt nicht per se für alle Krankenhäuser und die weiteren genannten Einrichtungen. Verbindlich sind vielmehr die nach § 23 Abs. 8 getroffenen länderspezifischen Rechtsverordnungen (Hygieneverordnungen).

Das Land NRW hat sich im Zuge der Anpassung des IfSG von 2011 explizit dagegen entschieden, eine Frist für die erforderliche Ausstattung mit Hygienefachpersonal in die HygMedVO NRW zu übernehmen, da zu diesem Zeitpunkt die in NRW bestehende Krankenhaushygieneverordnung bereits die personellen Anforderungen festgelegt hatte. Die Pflicht zur personellen Ausstattung mit Hygienefachpersonal besteht somit in Nordrhein-Westfalen bereits seit längerem (ohne Frist). Für NRW ergibt sich daher auch durch die Fristverschiebung keine Änderung.

Weiterführende Links:
https://www.kvbb.de/
http://www.bdc.de/frist-fuer-hygiene-fachpersonal-verlaengert/

2. „OP gelungen, Patient tot“

Die ARD hat eine Reportage mit dem Titel "OP gelungen, Patient tot - Lebensgefahr durch neue Krankenhaus-Keime" ausgestrahlt. Hintergrund des Berichts sind die dem Fachpersonal leider bestens bekannten Folgen, die bei Defiziten in der Infektionsprävention auftreten können.

Der sehenswerte Bericht behandelt am tragischen Beispiel einer verstorbenen Patientin mögliche hygienische Schwachstellen im Krankenhausalltag. Dabei werden typische Hygienedefizite aus der Praxis verdeutlicht. Thematisiert und kritisch beleuchtet
werden u.a. nachlässige Screening-Routinen, die Umsetzung von Einzelzimmer-Isolierungen und der Nutzen von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen.

Der Bericht zeigt außerdem die besorgniserregende Entwicklung der multiresistenten gramnegativen Stäbchenbakterien (MRGN) und gibt Einblicke in die MRGN-Ausbrüche der letzten Jahre in Bremen, Leipzig und Kiel. Die Reportage wird auch durch Aussagen von Gesundheitsminister Hermann Gröhe und Experten wie Prof. Arne Rodloff (Leipzig) und Prof. Alexander Friedrich (Groningen) angereichert.

Eine wichtige Schlussfolgerung der Berichterstattung ist der zu verändernde Fokus hin zu mehr Infektionsprävention vor dem Hintergrund eingeschränkter Behandlungsmöglichkeiten bei multiresistenten Erregern.

Leider beschreibt der Bericht mehrfach fälschlicherweise, dass die etwa 40.000 nosokomialen Infektionen, die in Deutschland jährlich tödlich verlaufen, durch multiresistente Erreger hervorgerufenen werden.

Weiterführender Link:
http://www.pravda-tv.com/2016/03/op-gelungen-patient-tot-lebensgefahr-durch-neue-krankenhaus-keime-video/

3. Hygiene-Tipp zur Steckbecken-Aufbereitung

Im März-Hygiene-Tipp von BDC und DGKH wird die Aufbereitung von Steckbecken und Urinflaschen in Reinigungs-Desinfektionsgeräten (RDG) hinsichtlich möglicher Schwachstellen bei den Funktionsprüfungen beleuchtet.

Im Detail unterscheidet die Veröffentlichung zunächst zwischen chemothermischen und rein thermischen Desinfektionsverfahren bzw. die daraus abzuleitenden Besonderheiten bezüglich einer fachgerechten Leistungsüberprüfung. Dabei wird auch auf die Notwendigkeiten zur Gerätewartung eingegangen.

Mit hohem Praxisbezug ist im Besonderen der Hinweis, entgegen vieler Herstelleraussagen keine Waschschüsseln oder Nierenschalen in einem RDG zu desinfizieren, welches auch für Steckbecken und Urinflaschen genutzt wird. Grund hierfür ist u.a. auch das erhöhte Risiko der Rekontamination aufbereiteter Medizinprodukte.

Weiterführende Links:
http://www.bdc.de/hygiene-tipp-reinigungs-desinfektionsgeraet-fuer-steckbecken/
http://www.krankenhaushygiene.de/informationen/hygiene-tipp/hygienetipp2016/571

4. Zika: Reisewarnung für Schwangere

Die jüngsten „alarmierenden“ Erkenntnisse rund um das Zika-Virus haben die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veranlasst, eine Reisewarnung für Schwangere in Zikagebiete herauszugeben. Weitere Einschränkungen in Bezug auf Reisen oder Handelswege sind allerdings nicht vorgesehen.

Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/65981/WHO-gibt-Reisewarnung-fuer-Schwangere-in-Zikagebiete-heraus

5. Neue Studie zur Effizienz von Atemschutzmasken und MNS

In Deutschland werden Atemschutzmasken in der Regel zur Prävention luftübertragbarer Erreger und ein Mund-Nasen-Schutz (kurz MNS) meist zur Vermeidung der Aufnahme von erregerhaltigen Tröpfchen getragen.

Eine aktuelle Studie hat nun die Effizienz von Atemschutzmasken und Mund-Nasen-Schutz erneut gegenübergestellt. Dabei fanden die Autoren keine Hinweise darauf, dass eine Atemschutzmaske (N95 respirator) das Personal besser vor übertragbaren Atemwegsinfektionen schützt als ein Mund-Nasen-Schutz.

Die Ergebnisse sind vor allen Dingen vor dem Hintergrund manch berufsgenossenschaftlicher Veröffentlichungen interessant, die häufig keine Unterscheidung zwischen Tröpfchen- und aerogen-übertragbaren Infektionen machen.

Weiterführender Link:
http://www.cmaj.ca/content/early/2016/03/02/cmaj.150835

6. Erneuter Tuberkulose-Anstieg: Fakten und Ursachen

Die dem RKI übermittelten Tuberkulose-Fallzahlen in Deutschland sind das dritte Jahr in Folge gestiegen (2013: 4.325; 2014: 4.533; 20156: 5.865). RKI-Präsident Lothar Wieler schätzt das Infektionsrisiko für die Allgemeinbevölkerung dennoch weiterhin als „sehr gering“ ein.

Hauptfaktor für den deutlichen Anstieg der Erkrankungszahlen liegt in der sogenannten aktiven Fallfindung begründet. So wurden alleine 1.255 Tbc-Fälle im Jahr 2015 bei Asylsuchenden vor oder "unverzüglich nach ihrer Aufnahme" in Flüchtlingsunterkünften diagnostiziert.

Ein lesenswerter Artikel der The Huffington Post bietet genauere Einblicke in das Krankheitsbild sowie die Vorgänge rund um die Erstuntersuchung von Flüchtlingen.

Weiterführende Links:
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/66024/Tuberkulose-Zahlen-in-Deutschland-steigen-drittes-Jahr-in-Folge
http://www.huffingtonpost.de/2016/03/15/tuberkulose-deutschland_n_9467158.html?utm_hp_ref=germany&ir=Germany

7. Software reduziert inadäquate Antibiotika-Verordnungen

Ein Grund für die steigenden Zahlen multiresistenter Erreger sind inadäquate Antibiotikaverordnungen. Häufig genanntes Beispiel sind unspezifische Atemwegsinfekte, die meist auf eine virale Ursache zurückzuführen sind. Der bloße Verweis auf geltende Leitlinien konnte das Verordnungsverhalten von Ärzten bisher nicht verändern.

Bei Hausärzten haben US-Forscher nun verschiedene Modifikationen der Praxissoftware getestet, bei denen z.B. bei der Behandlung von Atemwegsinfektionen eine Begründung für die verordnete Antibiose eingetragen werden musste. Diese Begründung war im Nachhinein auch für den Patienten einsehbar. Alleine durch diesen Eingriff sank die Rate der Antibiosen von 23,2 auf 5,2 Prozent.

Mit zwei weiteren Instrumenten, die regelmäßige Rückmeldungen zum allgemeinen Verordnungsverhalten bzw. gezielte Rückmeldungen zu ggf. fehlenden Indikationen gaben, konnten inadäquate Antibiotika-Verordnungen weiter reduziert werden.

Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=16&aid=175487&s=antibiotika

8. Cotrimoxazol bei unkomplizierten MRSA-Hautinfektionen?

Eine randomisierte klinische Studie im New England Journal of Medicine beschreibt, dass eine begleitende Antibiotika-Behandlung mit Cotrimoxazol die Abheilungsrate von unkomplizierten Haut- und Weichteilinfektionen, die primär durch eine chirurgische Drainage behandelt werden, signifikant erhöhen kann.

Von besonderem Interesse bei zusätzlichen Antibiotikaverordnungen ist meist auch eine ggf. auftretende CDI-Komplikation (Infektion durch Clostridium difficile). Bei Gabe von Cotrimoxazol sind Magen-Darm-beschwerden auch etwas häufiger aufgetreten, allerdings ohne einen einzigen Fall einer Clostridium difficile-assoziierten Diarrhö.

Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/65930/MRSA-Cotrimoxazol-hilft-bei-unkomplizierten-Hautinfektionen

9. Ophthalmologie: neu auftretende Infektionskrankheiten

Die März-Ausgabe des Augenspiegels berichtet über okuläre Manifestationen neu auftretender Infektionskrankheiten.
Dabei kommt u.a. Prof. Uwe Pleyer aus Berlin zu Wort und stellt Hintergründe und Ursachen vor.

Weiterführender Link:
http://www.augenspiegel.com/zeitschrift.php/auge/blog/okulaere-manifestationen-neu-auftretender-infektionskrankheiten/

10. Wussten Sie schon, dass …

sich Forscher aus Arizona mit der Infektionsgefahr von Erregern auf Einkaufswagen beschäftigt haben?

In Hygieneschulungen werden wir häufig suggestiv gefragt, dass doch von häufigen Handkontaktflächen an öffentlichen Orten (Türklinken, Griffstangen in öffentlichen Verkehrsmitteln, etc.) eine immense Gefahr ausgehen müsse, weil „doch jeder diese Flächen anfasst“. In einer US-amerikanischen Untersuchung wurde nun geprüft, ob Einkaufen gefährlich für die Gesundheit sein kann. Hier die Fakten:

  • Untersucht wurden 85 Einkaufswagen in vier Bundesstaaten.
  • Auf 72 % der Wagengriffe wurden Fäkalerreger gefunden.

In der Studie wurde allerdings nicht untersucht, ob durch den Kontakt mit den Erregern tatsächlich auch eine reale Infektionsgefahr einhergeht. Schließlich ist das menschliche Immunsystem den Kontakt zu Krankheitserregern gewohnt.

Die Untersuchungsergebnisse legen zwei Schlussfolgerungen nahe, die sich allerdings auch mit hygienischem Basiswissen ableiten lassen:

  1. Nach dem Einkauf gründlich die Hände waschen.
  2. Beim Umgang mit möglicherweise kontaminierten Oberflächen möglichst wenig ins Gesicht (bzw. auf die Schleimhäute) fassen.

http://www.brennpunkt-hygiene.de/2016/02/keime-am-einkaufswagen/

In die gleiche Richtung argumentiert ein sehenswerter Beitrag des WDR-Fernsehens, in dem der Nutzen von Desinfektionsreinigern in deutschen Haushalten beleuchtet und mögliche Konsequenzen schlechter Reinigungsgewohnheiten genannt werden.

Weiterführender Link:
http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/der-haushaltscheck/video-keimfrei-um-jeden-preis---ekeln-wir-uns-vor-dem-falschen-dreck-100.html

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen eine individuelle Beratung nicht ersetzen können!
Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung erfolgen, werden erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt. Trotz sorgfältiger und gewissenhafter Bearbeitung aller Beiträge übernehmen wir keine Haftung für den Inhalt.

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