Hygiene-News April 2016

Hygiene-News April 2016

1. 13. DGKH-Kongress: Das Wichtigste in Kürze

**Vom 10. bis 13. April 2016 hat in Berlin der 13. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene stattgefunden. Dabei wurden aktuelle Anforderungen und Entwicklungen vorgetragen und diskutiert.

Nachfolgend einige der wichtigsten Zusammenhänge und Themen:

  • Aus- und Fortbildung von medizinischem Fachpersonal soll in Medizinstudium bzw. Berufsausbildung verbessert werden
  • Verbesserung des Pflegeschlüssels
  • Erhöhung von Flächendesinfektionsfrequenzen, vor dem Hintergrund des Auftretens von Krankheitserregern mit erhöhter Umweltpersistenz
  • Ausweitung der Antibiotic-Stewardship Bemühungen, auch im ambulanten Bereich
  • Einbindung von Patienten in Hygienemaßnahmen
  • Geplante Labor-Meldepflicht für Carbapenem resistente Erreger
  • Effizienteres Ausbruchmanagement durch überregionale Netzwerke

Weiterführende Links:
http://www.brennpunkt-hygiene.de/2016/04/13-kongress-fuer-krankenhaushygiene-beendet/
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/klinikmanagement/article/908670/hygienemaengel-gefahrenquellen-kliniken.html?sh=2&h=1161843079

2. Anpassung der IfSG-Meldepflichten zum 01.05.2016

Ab dem 01.05.2016 gilt die sogenannte Infektionsschutzgesetz-Meldepflicht-Anpassungsverordnung [IfSGMeldAnpV]. Damit erfolgt eine Anpassung der geltenden Meldepflichten an die epidemische Lage.

Die wichtigsten Änderungen:

  • Einführung einer Arztmeldepflicht für Erkrankung oder Tod durch schwer verlaufende eine Clostridium-difficile-Infektion (siehe §1 Abs. 2 Nr. 1 bis 4)
  • Neue namentliche Labormeldepflichten für den Nachweis von Enterobacteriaceae (z.B. E. coli und Klebsiellen) sowie Acinetobacter spp., die gegenüber einem Carbapenem resistent sind

Das Robert-Koch-Institut hat dementsprechend auch die Mustermeldebögen um die neu zu meldenden Infektionen ergänzt.

Weiterführende Links:
https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/ifsgmeldanpv/gesamt.pdf
http://www.dkgev.de/dkg.php/cat/43/aid/14655/title/Verordnung_zur_Anpassung_der_Meldepflichten_nach_dem_Infektionsschutzgesetz_an_die_epidemische_Lage_%28IfSG-Meldepflicht-Anpassungsverordnung_-_IfSGMeld-AnpV%29
Mustermeldebögen: http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/IfSG/Meldeboegen/Meldungen_node.html

3. Problemkeime: Spektrum wächst weiter

Eine repräsentative Erhebung an neun Berliner Krankenhäusern zeigt, dass etwa ein Viertel aller Krankenhausbehandlungen mit Infektionen zusammenhängt. Immer wieder werden zudem Krankenhausinfektionen fälschlicherweise mit dem Auftreten multiresistenter Erreger gleichgesetzt.

Eine von den Asklepios-Kliniken beauftragte, repräsentative Umfrage hat erhoben, dass Menschen in Deutschland bezüglich eines Krankenhausaufenthalts am meisten Angst vor einer Infektion durch einen multiresistenten Erreger haben. Allerdings werden die meisten der infektionsbedingten Todesfälle durch normal empfindliche Erreger ausgelöst. Diese und weitere aktuelle Aspekte werden von Ärztezeitung und Ärzteblatt aufgegriffen und klargestellt.

Die Artikel zitieren außerdem Prof. Dr. Gerd Fätkenheuer, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, u.a. dahingehend, dass die Problematik der Vancomycin-resistenten Enterokokken im Gegensatz zu anderen MRE noch nicht genügend ins Bewusstsein gelangt ist. Außerdem sei die momentan häufig verbreitete Fokussierung auf multiresistente Erreger aufgrund deren bisher nicht belegten Übersterblichkeit anstatt grundsätzlicher Vermeidungsstrategien nosokomialer Infektionen nicht zielführend.

Weiterführende Links:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/mre/article/908909/antibiotika-resistenzen-neue-keime-noch-groessere-gefahr.html?sh=1&h=-313451520
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=16&aid=175664&s=mrsa

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat im gleichen Themenzusammenhang mal wieder einen sehr lesenswerten, fundierten und abwägenden Artikel veröffentlicht, der die Zunahme an multiresistenten Erregern sowie einige der tatsächlichen und vermeintlichen Gründe für die Hygieneprobleme in Krankenhäusern thematisiert.

Dabei kommt u.a. auch Prof. Dr. Constanze Wendt, Krankenhaushygienikerin und KRINKO-Expertin, zu Wort und berichtet von den Ergebnissen selbstdurchgeführter Risikoaudits in der Krankenhaushygiene.

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/bedrohung-durch-krankenhauskeime-nach-einer-operation-14208710.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

4. MRE-Mehraufwand in stationären Pflegeeinrichtungen

Die Universität Greifswald hat für sechs Pflegeheime den finanziellen Mehraufwand für die Versorgung von Bewohnern mit multiresistenten Erregern erhoben. Die Kosten je MRE-Fall liegen demnach bei etwa 12.500 €.

Die Zunahme an multiresistenten Erregern im deutschen Gesundheitswesen macht sich auch in der stationären Pflege bemerkbar. Neben MRSA kommen die Einrichtungen mittlerweile auch vermehrt mit 3- und 4-MRGN in Berührung. Ein Team um Claudia Hübner von der Universität Greifswald hat nun die zusätzlichen Aufwendungen hinsichtlich Infektionen und Kolonisationen bei diesen MRE untersucht.

Die Erhebung belegt, dass der überwiegende Anteil der entstehenden Mehrkosten auf den erhöhten Personalbedarf (> 55 %) sowie die Isolierungsmaterialien (etwa 30 %) zurückgeht. Als geeignete Maßnahmen zur Aufwandsreduzierung postuliert das Autorenteam angepasste Schulungen zur Steigerung der Dekolonisierungserfolge und verweist auf Verbesserungspotential in der Basishygiene.

Weiterführender Link:
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/pflege/article/906699/pflegeheime-steigende-kosten-durch-multiresistente-erreger.html?sh=1&h=-313451520

5. Hygiene-Tipp: Infusionen und Spritzen

DGKH und BDC widmen sich im Hygiene-Tipp 04/2016 den Entnahme- und Zuspritz-Spikes sowie dem Umgang mit Einfach- und Mehrfachdosisbehältnissen.

Als wesentliche Inhalte werden u.a. einzuhaltende hygienische Rahmenbedingungen, ein Beispielablauf der Entnahme und Verabreichung einer Spritze bzw. Infusion sowie die Dokumentation angebrochener Mehrdosisbehältnisse thematisiert.

Die Veröffentlichung äußert sich auch zu den verschiedenen Farben bzw. Verwendungszwecke der Spikes und klärt den häufigen Irrtum, dass „Spikes mit Filter“ nicht die entnommene Lösung, sondern lediglich die in die Infusionsflasche eindringende Raumluft filtern. Im abschließenden Teil wird dann auch deutlich hervorgehoben, dass die Nutzung eines Spikes [bzw. einer Entnahmekanüle/-hilfe] aus einem Eindosis-Behältnis kein Mehrdosis-Behältnis macht.

Weiterführende Links:
http://www.krankenhaushygiene.de/informationen/569
http://www.bdc.de/hygiene-tipp-infusionen-und-spritzen/?parent_cat

6. Weiterhin keine Kittel mehr bei Asklepios

Asklepios behält das Arztkittel-Verbot trotz einiger Kritik z.B. durch die Hamburger Ärztekammer bei und verweist auf „durchweg positive“ Reaktionen.

Auch wenn das Kittelverbot selbst von einer hygienischen Fachgesellschaft als „Marketing-Gag“ ohne infektionspräventive Vorteile beschrieben wird, weicht der Asklepios-Klinikverbund nicht von der eingeschlagenen Linie ab.

Weiterführender Link:
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/klinikmanagement/article/909754/hamburg-asklepios-haelt-kittel-aus-fest.html?sh=3&h=1161843079

Auch wenn die KRINKO-konforme Basishygiene ein Ablegen des Kittels vor aseptischen Tätigkeiten vorsieht, werden solche Vorgaben leider erfahrungsgemäß nicht konsequent umgesetzt, sodass aus Sicht einer Krankenhaushygieneabteilung das Verbot langärmeliger Kleidung als eine ergänzende Maßnahme im Multibarrierensystem der Krankenhaushygiene eigentlich nur befürwortet werden kann.

7. Avibactam: Neuer Beta-Lactamase-Inhibitor

Künftig dürfte eine neue Kombination aus einem Cephalosporin und einem Beta-Lactamase-Inhibitor u.a. zur Behandlung von nosokomialen Pneumonien zur Verfügung stehen. Nach Zustimmung der EU-Kommission könnte Avibactam, ein neuer Beta-Lactamase-Inhibitor mit breitem Spektrum, die Effektivität von Ceftazidim erhöhen.

Der Ansatz, die Wirksamkeit von Antibiotika durch die Kombination mit einem Enzym zu erhöhen, hat sich bereits bei anderen Substanzen bewährt (z.B. Ampicillin + Sulbactam oder Piperacillin + Tazobactam). In den USA wurde bereits im Februar 2015 durch die FDA trotz fehlender Ergebnisse der Phase-III-Studie die Ceftazidim-Avibactam-Kombination Avycaz® zugelassen.

Avibactam unterscheidet sich von den anderen Inhibitoren durch ein breiteres Wirkungsspektrum, indem es auch gegen Beta-Lactamasen der Klasse C und teilweise auch Klasse D wirkt und erweitert die Optionen vor allem bei der Behandlung von Infektionen durch gramnegative Bakterien.

Weiterführende Links:
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=66519&s=antibiotika

Ergänzung vom 08.07.: Die EU-Kommission hat die Ceftazidim-Avibactam-Kombination (Handelsname Zavicefta®) für bakterielle Infektionen am 28.06.2016 genehmigt:
https://www.astrazeneca.com/media-centre/press-releases/2016/New-antibiotic-Zavicefta-approved-in-the-European-Union-for-patients-with-serious-bacterial-infections-28062016.html

8. Wussten Sie schon, dass …

Dr. Braehmer aufs Neue wieder Hygieneprinzipien unterwandert?

„Sei kein Braehmer“ hat sich zu einem geflügelten Wort für die Missachtung von basishygienischen Regeln im Krankenhaus entwickelt. Der Ausspruch geht auf die Figur des Dr. Adam W. Braehmer zurück, der durch satirische Schulungsvideos die möglichen Nachlässigkeiten in der Infektionsprävention im Krankenhaus verdeutlicht.

Seit einigen Jahren stehen die praxisnahen und amüsanten Videos allen Interessierten zur Verfügung und können z.B. für Mitarbeiterschulungen eingesetzt werden. Der fiktive Notfallmediziner wurde nun für aktuelle Videos reaktiviert.

Weiterführende Links:
Krankenhaushygiene bei YouTube
http://www.brennpunkt-hygiene.de/2016/04/dr-braehmer-ist-wieder-in-sachen-hygiene-unterwegs/

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