HygSo-Hygienenews Januar - Februar 2024

HygSo-Hygienenews Januar - Februar 2024

1. KRINKO: Prävention postoperativer Wundinfektionen

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) hat im Jahr 2018 folgende Empfehlung gegeben: „Durch Zusatz eines remanent wirkenden Antiseptikums wird eine über die Wirkung von Alkohol hinaus anhaltende Wirkung erreicht.“ Jetzt liefern neue Studien eine Grundlage für aktuelle Richtlinien zur Präven-tion postoperativer Wundinfektionen.

Seit der Veröffentlichung der KRINKO-Empfehlung von 2018 zur Prävention von SSI sind weitere Studien erschienen, die zeigen, dass die Zugabe eines remanent wirkenden Antiseptikums zu alkoholischen Lösungen die Rate der postoperativen Wundinfektionen je nach Operationsart signifikant reduzieren kann. Daher wird der präoperative Einsatz solcher Antiseptika nicht mehr nur in Erwägung gezogen, sondern als evidenzbasiert und abhängig von der Art der Operation empfohlen. Chlorhexidindigluconat (CHG) ist die am besten untersuchte Substanz dieser Art. Es besteht Bedarf an weiteren Produk-ten mit CHG-Zusatz für die präoperative Anwendung, ohne den Einsatz von Einweg-applikatoren. Die KRINKO betrachtet eine Sterilfiltration am Ende des Herstellungsprozesses als ausreichend für Hautantiseptika, fordert jedoch, dass das Endprodukt frei von Sporen ist und die Hersteller dies durch valide Kontrollmechanismen sicherstellen.

Sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) verlangen Sterilität lediglich für die zur Anwendung benötigten Hilfsmittel, nicht jedoch für das Antiseptikum selbst.

Weiterführender Link:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2024/Ausgaben/06_24.pdf?__blob=publicationFile

2. Hygiene-Tipp: Trennung von Waschbecken und Arbeitsflächen

Vom Gesundheitsamt wird in einer Praxis eine fehlende Abtrennung zwischen dem Waschbecken und der Arbeitsfläche reklamiert, ebenso dass das Wasser direkt in den Abfluss läuft. Aber was fordert die KRINKO?

In Ihrer Empfehlung zur Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens gibt die KRINKO folgende Empfehlungen:

  • Ein hygienischer Handwaschplatz muss über Warm- und Kaltwasseranschlüsse verfügen.

  • Bei einer Neuanlage oder einer wesentlichen Umgestaltung des Handwasch-platzes ist es wichtig, ein ausreichend großes, tiefes Waschbecken ohne Überlauf zu verwenden.

  • Wenn saubere Arbeitsflächen an den Waschplatz angrenzen, müssen sie durch einen Spritzschutz geschützt werden, um eine Kontamination der Umgebung zu verhindern, insbesondere in Bereichen, in denen Medikamente zu-bereitet werden.

  • Der Handwaschplatz sollte je nach den räumlichen Gegebenheiten mit wand-montierten Spendern für Händedesinfektionsmittel und Handwaschmittel sowie Einmalhandtüchern ausgestattet sein.

  • Um die Bildung von Aerosolen aus dem Siphon zu minimieren, sollte der Was-serstrahl nicht direkt auf den Abfluss gerichtet sein. Die Anforderung an Waschbecken ohne Überlauf gilt jedoch nur für die "Neuinstallation" eines Waschbeckens.

Die Forderungen des Gesundheitsamtes sind also legitim, da sich die Empfehlungen der KRINKO damit decken.

Weiterführender Link:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-abtrennung-zwischen-waschbecken-und-arbeitsflaeche/?parent_cat=250

3. Wahl des Antiseptikums beeinflusst postoperative Infektionsrisiken

Die Verwendung von Jod-Povacrylex zur Hautdesinfektion hat in einer randomisierten Studie bei Patienten nach chirurgischer Behandlung geschlossener Knochenbrüche ei-nen besseren Schutz vor Wundinfektionen geboten als das bisher bevorzugte Chlorhexidin. Jedoch zeigte sich nach operativer Versorgung offener Frakturen kein erkennbarer Vorteil, wie die veröffentlichten Ergebnisse im New England Journal of Medicine zeigen.

Eine vor zehn Jahren durchgeführte Studie zeigte damals, dass eine Mischung aus Chlorhexidin und Alkohol oberflächliche und tiefe Infektionen nach Risiko-Eingriffen häufiger verhindert als Povidon-Jod. Mittlerweile gibt es mit Jod-Povacrylex ein neues Produkt. Es ist wasserunlöslich und verbleibt daher länger auf der Haut. Dieses Mittel ist in ein Copolymer eingebettet, das eine verbesserte Haftung an Operationsmaterialien ermöglichen soll.

In den USA und Kanada haben an einer Cluster-randomisierten Crossover-Studie 25 Kliniken teilgenommen, die alle 2 Monate zwischen Jod-Povacrylex und Chlorhexidingluconat wechselten. So waren insgesamt 6.785 Patienten mit geschlossenen Frakturen und 1.700 Patienten mit offen Frakturen beteiligt.

Die mit Jod behandelten Patienten wiesen in 2,4% der Fälle eine Infektion auf, wohingegen die Chlorhexidin-Gruppe in 3,3 % der Fälle Infektionen aufwies.

Die Odds Ratio (OR) von 0,74 war mit einer knappen Signifikanz von P=0,049. Im sekundären Endpunkt aus ungeplanten Operationen war der Unterschied mit 5,5% versus 5,9% ebenfalls gering. Die OR von 0,96 war hier nicht signifikant.

Bei den Patienten mit offenen Frakturen kam es erwartungsgemäß häufiger zu Wundinfektionen. Der primäre Endpunkt trat in der Jod-Gruppe bei 6,5% auf gegenüber 7,3% in der Chlorhexidin-Gruppe. Die OR von 0,86 war nicht signifikant. Ungeplante Operationen waren in der Jod-Gruppe mit 16,1% gegenüber 14,5% in der Chlorhexidin-Gruppe sogar tendenziell häufiger (OR 1,16).

Laut dem Wissenschaftler Slobogean sei die fehlende Wirkung bei offenen Frakturen auf eine Kontamination während des Unfalls zurückzuführen. So hätten die Bakterien bis zur Operation genügend Zeit tief in die Wunde zu gelangen, sodass sie bei der Reinigung der Wunde nicht erreicht würden. Ebenso könne die Verwendung von Kochsalz-lösung den protektiven Effekt von Jod-Povacrylex vermindert haben.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/149053/Wahl-des-Desinfektionsmittels-beeinflusst-postoperatives-Infektionsrisiko

4. Verschreibungen von Reserveantibiotika

Im Jahr 2022 gab es einen Anstieg der Verordnungszahlen für Antibiotika. Vor der Coronapandemie (2019) lag dieser Wert etwa zehn Prozent höher. Trotz des wieder steigenden Einsatzes von Antibiotika lag der Anteil von Reserveantibiotika weiterhin stabil bei 42% (laut dem Wissenschaftlichen Institut der AOK).

Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) beobachtet für den Einsatz von Reser-veantibiotika seit 2013 sinkende Zahlen. Dennoch würden diese Wirkstoffe noch zu oft verordnet und sollten nur im Bedarfsfall eingesetzt werden, so der WIdO-Geschäftsführer. Bei der regionalen Betrachtung fallen Unterschiede auf. So gab es die wenigsten Verordnungen von Reserveantibiotika in Hamburg mit 118 pro 1000 gesetzlich krankenversicherter Patienten. In Hessen lag dieser Wert fast doppelt so hoch. Vor diesem Hintergrund könnten regionale Informationskampagnen und Zielvereinbarungen sinnvoll sein.

Lieferengpässe bei bestimmten Antibiotika könnten die bereits angespannte Situation verschlimmern, so das WIdO, da das Abweichen von der Standardtherapie durch die Verwendung eines verfügbaren Reserveantibiotikums das Risiko einer Resistenzentwicklung erhöhen könnte. Ebenso verstärkt der Einsatz von Antibiotika in der Tierhal-tung das Resistenzproblem, da die Wirkstoffe beispielsweise über den Verzehr von Fleisch oder das Grundwasser auch vom Menschen aufgenommen werden können. Positiv sei, dass die Abgabe von Antibiotika an Tierärzte zwischen 2013 und 2022 um 63 % zurückgegangen sei. Laut dem WIdO müssten mehr neue Antibiotika entwickelt werden. In den letzten zehn Jahren waren es lediglich neun neue Wirkstoffe.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/149170/Weiterhin-viele-Reserveantibiotika-verordnet

5. Hygiene-Tipp: Zugang zum OP-Saal und -Räumlichkeiten

Grundsätzlich gilt, dass der Zugang zur OP-Abteilung geschlossen zu halten ist. Das OP-Personal sollte Zutritt nur über Schlüssel und andere Sicherheitsmechanismen erhal-ten. Der Zugang über Versorgungsräume und ähnlichem ist nicht erlaubt.

Nur geschulte Personen wie Hospitanten, Praktikanten, Medizinstudierende, Pflege-schüler und Handwerker des Hauses sollten einen eigenen (eventuell befristeten) Zugang erhalten. Die OP-Leitung muss sicherstellen, dass sie sich korrekt verhalten können. Diese Anforderung gilt ebenso für hauseigene Fotografen und vergleichbare Personen.

Medizinprodukteberater oder externe Handwerker sollten vor Einlass geschult werden, wohingegen Paketzusteller überhaupt nicht in den OP-Bereich gehören. Ebenso sollten Führungen normaler Bürger kritisch hinterfragt werden, da dies ethische, datenschutzrechtliche und haftungsrechtliche Risiken verursachen kann.

Weiterführende Links:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-zugang-zur-op-abteilung/?parent_cat=252
https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/hygiene-tipp/960

6. Hygiene-Tipp: Assistenzhunde in Kliniken

Für die Bewertung eines hygienischen Risikos sind alle Hunde gleich zu behandeln. Rechtlich gibt es allerdings Unterschiede. Hier wird klar in Assistenzhunde, Therapiehunde oder Privathunde unterschieden.

Laut Definition sind Assistenzhunde für den Besitzer eine wichtige Stütze in der Alltagsbewältigung, da dieser aufgrund einer Erkrankung nicht mehr in der Lage ist diesen allein zu bewältigen. Assistenzhunde sind vom Gesetzgeber anerkannt und Teil des Behindertengleichstellungsgesetz (BGG).

Für den Fall, dass ein Patient einen Assistenzhund mitbringen möchte, sollte die Klinik vorab Rahmenbedingungen aufstellen. Diese könnten wie folgt aussehen:

  • Nachweis über die Anerkennung des Hundes als Assistenzhund

  • Vorlage eines Behindertenausweises mit erheblicher Einschränkung oder eines Blindenführhundausweises oder eines Zertifikats, das die Eignung des Mensch-Hund-Teams gemäß § 12g BGG bestätigt

  • Gesundheitszeugnis des Hundes

  • Gepflegtes Äußeres des Hundes

  • Impfnachweis

  • Aktueller Gesundheitszustand des Hundes: Keine Parasiten, keine Magen-Darm-Erkrankungen, keine offenen Wunden, usw.

  • Nachweis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung mit einer Schadendeckung von mindestens 1 Million Euro

  • Angaben zur Liegeposition des Hundes, zur Vertretung im Falle der Abwesenheit des Besitzers usw.

  • Kennzeichnung des Hundes als Assistenzhund

  • Der Patient muss physisch und psychisch in der Lage sein, Regeln einzuhalten und den Hund sicher zu führen

Der Hund darf bestimmte Räume wie die Küche oder die Intensivstation nicht betreten. Wenn der Besitzer operiert wird und nicht für den Hund sorgen kann, sollte eine externe Bezugsperson eingeschaltet werden. Die Regeln für Besucher und Mitarbeiter im Krankenhaus müssen kommuniziert werden, um einen Anstieg von Tieren zu verhindern.

Weiterführender Link:
https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/hygiene-tipp/963

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen eine individuelle Beratung nicht ersetzen können!
Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung erfolgen, werden erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt. Trotz sorgfältiger und gewissenhafter Bearbeitung aller Beiträge übernehmen wir keine Haftung für den Inhalt.

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