Hygiene-News Januar 2017

Hygiene-News Januar 2017

1. Kliniken wehren sich gegen Berichterstattung zu Hygienepersonal

Das ARD-Magazin „Plusminus“ berichtete jüngst über das Nicht-Erfüllen der geltenden gesetzlichen Vorgaben zur Ausstattung mit Hygienefachpersonal in jedem vierten deutschen Krankenhaus. Die Autoren berufen sich auf die Ergebnisse des Recherchenetzwerks „Correctiv“. Die dabei zugrunde gelegten Daten über die Mindestausstattung an Hygienefachpersonal entsprechen jedoch nicht den gesetzlichen Anforderungen durch die Hygieneverordnungen der Länder.

Die Ergebnisse des „Correctiv“ beruhen demnach auf einer Fehlinterpretation des in der KRINKO-Empfehlung von 2009 empfohlenen Mindestpersonalbedarfs. Diese sah zum Zeitpunkt der Erhebung vor, dass jede Klinik, die mehr als 400 Betten vorhält, einen hauptamtlichen Krankenhaushygieniker zu beschäftigen hat. Das Magazin ergänzte den Personalbedarf noch um eine Hygienefachkraft, Hygienebeauftragte Ärzte und Hygienebeauftragte in der Pflege auf jeder Station.

Hingegen wurden die gesetzlichen Vorgaben gemäß den Hygieneverordnungen der Länder laut Correctiv-Autor Hristio Boytchev in der Erhebung nicht beachtet. Dies hat zu Folge, dass selbst Kliniken, die die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, fälschlicherweise mit dem Urteil „Minimalkriterien nicht erfüllt“, gekennzeichnet wurden.

Die betroffenen Krankenhäuser weisen den Bericht zurück und werfen dem Magazin die Verwendung veralteter Daten vor. Laut Thomas Reumann, dem Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, sei die Personalausstattung nach dem Hygieneförderprogramm des Bundes deutlich besser geworden. Aufgrund der methodischen Schwäche in der Erhebung enthielt sich die Bundesregierung einer Stellungnahme. Zudem mahnt Dr. Theodor Windhorst von der Ärztekammer Westfalen-Lippe durch unsachgemäße Recherche Ängste bei den Patienten zu schüren und nimmt die Länder in die Pflicht, ihre Investitionskosten zu erhöhen, um ein vollständiges Umsetzen der Landeshygieneverordnungen möglich zu machen.

Weiterführende Links:
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/klinikmanagement/article/927295/klinikhygiene-zweifelhafte-wasserstandsmeldung.html?sh=1&h=1161843079
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/klinikmanagement/article/927248/infektionen-kliniken-schlampig-hygiene.html?sh=2&h=1161843079
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=72412&s=hygiene

2. Psychologische Intervention verbessert Händehygiene

Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) publizierte jüngst die Ergebnisse einer im Rahmen einer randomisierten Studie durchgeführten, verhaltenspsychologischen Intervention (PSYGINE). Diese war die erste in Deutschland durchgeführte Studie, die durch maßgeschneiderte Verhaltensänderungen die Förderung der Compliance zur Händehygiene nach dem Rückfall in alte Verhaltensmuster anstrebte.

Die Autoren um den Psychologen von Lengerke ermittelten die Compliance der Ärzte und des Pflegepersonals auf zehn Intensivstationen und zwei Stationen für Knochenmarktransplantationen der MHH mittels Fragebögen und Interviews. Auf sechs Stationen wurden den Mitarbeitern Verhaltensänderungstechniken und selbstreflektives Verhalten vermittelt. Als Kontrolle wurden auf den anderen sechs Stationen Schulungen nach den Inhalten der Aktion Saubere Hände (ASH) durchgeführt.

In der Kontrollgruppe (ASH) zeigte sich eine initiale Verbesserung, die jedoch im Folgejahr, vor allem bei den Medizinern, wieder abfiel. Die maßgeschneiderte verhaltenspsychologische Intervention sorgte zumindest bei den Pflegenden für eine anhaltend höhere Compliance. Die Resultate zeigten, dass die psychologischen Interventionen in Verbindung mit vermittelten Techniken zur Selbstreflexion nachhaltigere Erfolge erzielten, als die bisher angewandten Schulungskonzepte zur Compliancesteigerung.

Jedoch darf bei der Betrachtung der Ergebnisse das Kernziel, die Infektionsprävention, nicht vernachlässigt werden. Ein Bezug der Compliance-Daten zur Rate der nosokomialen Infektionen wurde in der Studie nicht hergestellt.

In künftigen Forschungen soll nun die Effizienz und Umsetzbarkeit krankenhaushygienischer Abteilungen ermittelt und die Inzidenz nosokomialer Infektionen parallel erhoben und überprüft werden, um herauszufinden ob sich auch trotz Intervention Rückfälle (Rebounds) zeigen. Eine Intervention dieses Ausmaßes ist in Krankenhäusern außerhalb von Forschungszentren derzeit nicht möglich. Hier fehlt es an personellen und materiellen Ressourcen sowie an Erfahrungen in der speziellen Intervention.

Weiterführende Links:
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=72491&s=hygiene
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=16&aid=185604&s=hygiene
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=16&aid=185605&s=hygiene

3. Bundesregierung plant erweiterte Meldepflicht

Die Regierung plant eine Erweiterung der gesetzlichen Meldepflicht zur Prävention nosokomialer Infektionen. Die Umsetzung soll bis 2021 durch die Implementierung eines elektronischen Meldewesens am RKI erfolgen. Davon versprechen sich die Experten erweiterte Kenntnisse zu Erregerreservoiren und Transmissionswegen.

Zudem ändern sich die Melderichtlinien in Bezug auf Ausbrüche mit Scabies in Gemeinschaftseinrichtungen. Nach Zustimmung des Bundesrates soll die Gesetzesänderung bis zum Sommer 2017 in Kraft treten.

Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=72660&s=hygiene

4. App statt Kitteltaschenratgeber in der Uniklinik Leipzig

Das Universitätsklinikum Leipzig hat seinen Taschenratgeber zur zielgerichteten Antiinfektiva-Therapie runderneuert als App für Smartphone und Tablet veröffentlicht.

Die Experten des UKL haben in dem über 130 Seiten umfassenden Ratgeber die aktuellen Erkenntnisse zum rationalen Einsatz von Antiinfektiva gesammelt und diese mit aktuellen Leitlinien sowie den hauseigenen Erreger- und Resistenzmustern abgeglichen.

Zudem bietet die App über eine Stichwortsuche einen Überblick über Infektionsrelevante Erreger und Fachinformationen zu den unterschiedlichen Medikamenten. Die App ist auch für Außenstehende unter dem Stichwort „Antibiotika-Antiinfektiva“ sowohl für Android als auch für IOS (3,49 €) über die App-Stores verfügbar.

Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=72689&s=hygiene

Gerade bei Nutzung durch Externe sollte vor der Verordnung einer antibiotischen Therapie unbedingt die hauseigene Antibiotikaleitlinie und die lokale Resistenzlage beachtet werden, da regionale Unterschiede die Therapieentscheidung maßgeblich beeinflussen können. Auch der Einsatz von Smartphones am Patientenbett sollte kritisch unter Beachtung einer stringenten persönlichen Hygiene erfolgen, da das eigene Telefon schnell zum Erregerreservoir für (multiresistente) Erreger werden kann.

5. Novellierte MPBetreibV ändert Betreiberpflichten für patienteneigene Medizinprodukte

Die Neufassung der Medizinprodukte Betreiberverordnung (MPBetreibV) vom 01.01.2017 definiert eindeutig den Begriff des Betreibers von Medizinprodukten und den dazu gehörigen Betreiberpflichten. Auch die daraus resultierenden Betreiberpflichten für die kurzfristige Anwendung patienteneigener Medizinprodukte durch das Personal von Einrichtungen des Gesundheitswesens sind erstmals klar geregelt.

Aus Sicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft hat die Novellierung u.a. zur Folge, dass Krankenhäuser nicht zum Betreiber von patienteneigenen Medizinprodukten werden, auch wenn der Patient diese für eine kurze Zeit nicht selbst bedienen kann. Die DKG begründet dies damit, dass durch die „Betreiber“-Definition Verantwortlichkeiten klarer begrenzt und zugeordnet werden. Krankenhäuser gelten als Betreiber der von ihren Beschäftigten angewendeten Medizinprodukte. Die Pflichten anderer Betreiber bleiben davon jedoch unberührt, d.h. bei patienteneigenen Medizinprodukten werden die Betreiberpflichten an die Krankenkasse oder das Sanitätshaus übertragen.

Nimmt ein Patient ein ihm überlassenes Medizinprodukt mit in eine Einrichtung des Gesundheitswesens, gehen die Betreiberpflichten ausdrücklich nicht auf die aufnehmende Einrichtung über (§3, zu Absatz 2, Seite 31). Die versorgende Krankenkasse hat ihre Betreiberpflichten demnach auch wahrzunehmen, wenn das Medizinprodukt kurzzeitig vom Personal der Gesundheitseinrichtung bedient wird, wenn der Patient dazu nicht in der Lage ist.

Weiterführender Link:
http://www.dkgev.de/dkg.php/cat/43/aid/19851/title/Betreiberpflichten_fuer_patienteneigene_Medizinprodukte_%28z._B._Schlafapnoe-Geraete%29_nach_der_zum_01.01.2017_geaenderten_Medizinprodukte-Betreiberverordnung

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