Hygiene-News September 2016

Hygiene-News September 2016

1. Neue KRINKO-Empfehlung zur Händehygiene

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am RKI hat die Empfehlung zur „Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens“ von 2000 novelliert. Sie stellt dabei heraus, dass keine andere krankenhaushygienische Einzelmaßnahme einen wirksameren Effekt in der Prävention nosokomialer Infektionen bietet.

Wesentliche Änderungen bzw. Hervorhebungen in der Empfehlung sind:

  • In allen Bereichen, in denen eine Händedesinfektion erforderlich ist, dürfen an Händen und Unterarmen keine Ringe, Armbänder, Armbanduhren oder Piercings getragen werden. Das Tragen künstlicher Fingernägel ist unzulässig. Nagellack ist grundsätzlich nicht zulässig. Ausnahmen müssen dermatologisch begründet sein.
  • Die Verpflichtung zur unmittelbaren Verfügbarkeit von und die Empfehlung einer erforderlichen Mindestausstattung von Händedesinfektionsmittelspendern in den Bereichen der direkten und indirekten Patientenversorgung. Für Patientenzimmer auf Intensiv- und Dialysestationen wird bettennah als Mindestausstattung ein Spender pro Patientenbett, auf Normalstationen ein Spender für je zwei Patientenbetten sowie in der Sanitärzelle empfohlen.
  • Patienten und Besucher sollen aktiv zur Qualitätssicherung und Steigerung der Compliance in die Händehygiene einbezogen werden.
  • Detailliertere Empfehlung zur Ausstattung und Verfügbarkeit hygienischer Handwaschplätze einschließlich Armaturen. Einschließlich dem Hinweis, das elektrische Warmlufttrockner in Einrichtungen des Gesundheitswesens ungeeignet sind.

Außerdem wurden einige der häufigsten Fragestellungen gezielt aufgegriffen. Beispielsweise die Desinfizierbarkeit von Einmalhandschuhen (nur in speziellen Fällen möglich, „z.B. in Situationen, in denen ein häufiger Handschuhwechsel erforderlich, aber erfahrungsgemäß schwierig realisierbar ist“), die Dokumentation des Anbruchs von Händedesinfektionsmitteln (nötig, weil die Haltbarkeit je nach Spendersystem 3 bis 12 Monate beträgt) sowie die Möglichkeit der Optimierung von Arbeitsabläufen um in Zeiten knapper Personal- und Zeitressourcen Händedesinfektionen einzusparen.

Weiterführende Links:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/hygiene/article/919148/krinko-neue-empfehlungen-haendehygiene.html?sh=2&h=1161843079
Bundesgesundheitsblatt 2016; 59: 1189

2. KRINKO legt Krankenhaushygieniker-Beratungsumfang fest

Die KRINKO hat eine "Empfehlung zum Kapazitätsumfang für die Betreuung von Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen durch Krankenhaushygieniker/innen" veröffentlicht. Die bisherige Faustregel, dass ab 400 Betten ein Vollzeit-Krankenhaushygieniker vorzuhalten sei, wurde deutlich abgeschwächt und die Berechnung erfolgt nun unter Berücksichtigung der einrichtungsspezifischen Risiken.

Bisher äußerten sich im Besonderen die KRINKO-Empfehlung Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen sowie die landesspezifischen Hygieneverordnungen zum Beratungsumfang. Die neue KRINKO-Empfehlung sieht für Kliniken der Maximalversorgung zwei Fachärzte (Leiter und Stellvertreter) für Hygiene und Umweltmedizin bzw. für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie vor. In Kliniken mit einem geringeren Versorgungsauftrag sowie in anderen medizinischen Einrichtungen muss ein Facharzt zur konsiliarischen Beratung zur Verfügung stehen, der mit den Gegebenheiten des Hauses vertraut ist.

Die Berechnung der Bedarfsermittlung einer Vollkraft (VK) eines Krankenhaushygienikers (KHH) erfolgt analog zum HFK-Bedarf anhand der drei Risikostufen (A = hoch;
B = mittel; C = niedrig), der Anzahl der dort vorrangig behandelten Patienten und der den Risikostufen zugeordneten stationären Betten:

  • Risikostufe A (hoch): 1 VK KHH / 1.000 Betten
  • Risikostufe B (mittel): 1 VK KHH / 2.000 Betten
  • Risikostufe C (niedrig): 1 VK KHH / 5.000 Betten

Zusätzlich ist der zusätzliche Beratungsbedarf je Abteilung sowie bei Einrichtungen, die über mehr als 400 Betten verfügen, ein Komplexitätszuschlag definiert.

Die KRINKO schränkt außerdem die Befugnisse von Ärzten, die keine Facharztbezeichnung in den o.g. Bereichen tragen, sondern die curriculare Fortbildung zur Krankenhaushygiene abgeschlossen haben („Krankenhaushygieniker-light“), ein. Ihnen obliegt aber die Übernahme wesentlicher Aufgaben der praktischen Krankenhaushygiene; ausgenommen sind:

  • Die Leitung von Laboren in der krankenhaushygienischen Abteilung, wozu die Bewertung von Laborergebnissen gehört
  • Die Weiterbildung zu Fachärzten für Hygiene und Umweltmedizin und/oder Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie die Leitung von Fortbildungen zur Krankenhaushygiene
  • Fachärztliche Supervision und Beratung von Ärzten der o.g. Fachrichtungen

Weiterführende Links:
http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Betreuung_Krankenhaeuser.pdf?__blob=publicationFile
http://www.dkgev.de/dkg.php/cat/43/aid/15167/title/Kapazitaetsumfang_KHH

3. Neues zu MRGN-Prävalenz und MRE-Vorkommen

Nach der Einführung eines Aufnahmescreenings in vielen Kliniken zeigt sich, dass in den letzten Jahren die nosokomiale Übertragung von MRSA abgenommen hat. Die Auswertungen einer Untersuchung in Bayern ergaben jedoch eine gestiegene Anzahl an mit MRGN besiedelten Patienten. Untersuchungen der Uniklinik Köln und der Ber-liner Charité zeigen, dass sogar jeder zehnte Patient in Deutschland bei Aufnahme ins Krankenhaus mit multiresistenten Keimen kolonisiert ist.

Eine Untersuchung an 3.300 bayrischen Bürgern zeigte, dass 6,3 % der Studienteilnehmer mit ESBL-bildenden E. coli besiedelt waren, davon wiesen 30 % eine 3MRGN-Resistenz auf. Aufgrund der dünnen Datenlage zur MRGN-Prävalenz ist davon auszugehen, dass mindestens 3 bis 10 % dauerhafte Träger sind. Im Vergleich dazu beträgt die MRSA-Prävalenz unter den stationären Patienten 1,5 bis 4 %. In der Allgemeinbevölkerung wird die Prävalenz auf maximal 0,5% geschätzt.

Das Gesundheitsamt Frankfurt stellte in einer Erhebung aller gemeldeten 4MRGN-Fälle in Hessen fest, dass die bisherige Screeningindikation „Auslandsaufenthalt“ nur ca. 30% der Träger detektierte. In mehr als 60 % der in Hessen gemeldeten 4MRGN-Fälle konnten zurückliegende Krankenhausaufenthalte als Risikofaktoren ermittelt werden.

Im Rahmen einer weiteren Studie konnten in Rektalabstrichen und Stuhlproben von 4.376 Patienten in 416 Fällen Cephalosporin-resistente Enterobakterien der 3. Generation (3GCREB) nachgewiesen werden. Anhand eines Fragenkataloges konnten dabei Reisen ins EU-Ausland und häufige Antibiotikaeinnahme als Risikofaktoren für eine 3GCREB Besiedelung identifiziert werden.

Die Fachgesellschaften empfehlen, Hygienemaßnahmen und Personalschulungen in Kliniken und Praxen weiter zu optimieren sowie den Einsatz von Antibiotika kritisch zu hinterfragen und zu begrenzen. Der Bund Deutscher Chirurgen (BDC) spricht sich zudem für eine Ausweitung der Screeningindikationen aus.

Weiterführende Links:
http://www.bfr.bund.de/cm/343/esbl-ampc-und-carbapenemase-bildende-keime-beim-menschen.pdf
http://www.bdc.de/hygiene-tipp-mrgn-mehr-screenen/?parent_cat
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/mre/article/917187/krankenhauskeime-kommen-toedlichen-keime-klinik.html?sh=1&h=-313451520
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=70030&s=hygiene

4. Neuer Normentwurf zur DIN 1964-4 bringt Hygiene-Diskussionen

Der aktuelle DIN-Normentwurf (DIN 1946-4-2016) sieht zur Prüfung Raumlufttechnischer Anlagen lediglich eine visuelle Prüfung durch kundige Sachverständige vor.

Prof. Julia Seifert vom BDC kritisiert und lehnt die geplante Änderung der DIN-Norm zur Überprüfung von RLT-Anlagen ab. Laut Normentwurf muss die Abnahme der RLT-Anlage nicht mehr zwangsweise durch einen Krankenhaushygieniker erfolgen. Ein Sachverständiger mit Kenntnissen über die RLT-Anlage würde ausreichen. Der BDC mahnt, dass medizinisch-hygienische Aspekte bei einer rein visuellen Prüfung nicht ausreichend überprüft werden und fordert im Sinne der Patientensicherheit, die Festlegung einer verantwortlichen Person und deren Aufgabenfeldern.

Weiterführende Links:
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/klinikmanagement/article/919343/krankenhaushygiene-neue-din-norm-ruft-chirurgen-plan.html?sh=1&h=1161843079
http://www.bdc.de/patientensicherheit-in-gefahr-chirurgen-und-hygieniker-fordern-hoehere-hygienestandards-im-op/?parent_cat=
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=70505&s=hygiene

5. Multiresistenter E. coli: Beunruhigender Keratitisfall

Eine in Boston erstmals beschriebene Mutation des multiresistenten E. coli Stammes ST131 verändert die Bakterienkapsel und verhindert somit die Phagozytose im Auge. Dies kann zu schwer behandelbaren Infektionen der Hornhaut führen. Die in der Veröffentlichung beschriebene Patientin wohnte in einem Pflegeheim und war bereits aufgrund häufiger Keratiden zweimalig Hornhaut-transplantiert.

Im Vorfeld des aktuellen Infektionsgeschehens war sie aufgrund einer Pneumonie mit diversen systemischem Antibiosen hospitalisiert. Da trotz im Vorfeld erfolgter lokaler antibiotischer und glucocorticoider Therapie ESBL-bildende E. coli in einer Hornhautläsion nachgewiesen werden konnten, erfolgte eine Sequenzierung des Erreger-Genoms. Diese zeigte die bisher noch nie beschriebene Mutation im Gen „yrfF“. Diese führt dazu, dass sich das Bakterium mit einer Art Schleim umgibt, der eine Phagozytose verhindert. Diese Art der Mutation macht den Erreger zu einem potentiell sehr gefährlichen Erreger für Hornhautinfektionen.

Die Infektion der Patientin konnte erfolgreich mit einer Kombination von Amikacin und Polymyxin B plus Trimethoprim (topische Gabe alle 3 Stunden) behandelt werden. Nach sechs Tagen zeigte sich in der Kultur kein bakterielles Wachstum mehr und die Infektion war nach 18 Tagen vollständig ausgeheilt.

Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=70575&s=multiresistente

6. Antibakterielle Seifen in den USA bald verboten

Die FDA sperrt aufgrund von fehlender antibakterieller Wirkung Seifen mit dem Zusatz Triclosan oder Triclocarban.

Sicherheitsüberprüfungen der FDA haben bereits 2013 ergeben, dass als „antibakteriell“ deklarierte Seifen mit den Zusätzen Triclosan oder Triclocarban keine ausreichende antibakterielle Wirkung bieten. Zudem gibt es Grund zur Annahme, dass Triclosan aufgrund seiner hormonähnlichen Wirkung bereits in geringen Mengen gesundheitsschädlich und umweltbelastend ist.

Darüber hinaus stehen die beiden Wirkstoffe in Verdacht, bei nicht sachgerechter Anwendung, die Entstehung von Antibiotikaresistenzen zu fördern. Viele Hersteller haben Triclosan bereits durch andere Antiseptika ersetzt. Ihnen bleibt nun noch eine Frist von einem Jahr, um die Unbedenklichkeit alternativer Zusätze zu belegen.

Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=70322&s=antibiotikaresistenzen

7. CDI-Rezidive: Neue Studie zum Mikrobiom-Transfer

Zur Behandlung von rezidivierenden Clostridium-difficile-Infektionen (rCDI) hat die German Clinical Microbiome Study Group (GCMSG) eine Studie zur Wirksamkeit des fäkalen Mikrobiota-Transfers durchgeführt.

In einer retrospektiven, multizentrischen Langzeitbeobachtungsstudie wurden 133 auswertbare Patienten an 33 Standorten eingeschlossen. Bei 78,3 % war der primäre Fäkaltransfer nach 90 Tagen erfolgreich. Im sekundären Versuch lag die Erfolgsquote nach weiteren 90 Tagen bei 85,9%.

In Deutschland kommt der fäkale Mikrobiota-Transfer bisher selten zum Einsatz, die Studienergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass er eine sichere und effektive Therapieoption der rCDI darstellen könnte.

Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=16&aid=181703&s=hygiene

8. Wussten Sie schon, dass …

… zwei ambulant tätige Mediziner wegen mangelnder Hygiene in der Aufbereitung von Medizinprodukten zu einer Haft- und Geldstrafe verurteilt wurden?

In einer Nördlinger Praxis operierten zwei Mediziner trotz eines zuvor vom Gewerbeaufsichtsamt ausgesprochenen Verbots drei Patienten. Ihnen wurde zuvor aufgrund unsachgemäßer Aufbereitung von Instrumenten und Nicht-Einhalten der Hygienevorschriften das Operieren mit dem eigens aufbereiteten Instrumentarium untersagt. Einer der Ärzte wurde zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, der zweite, im Vorfeld geständige und einsichtige Mediziner kam mit einer Geldstrafe von 12.000 Euro davon.

Weiterführender Link:
http://www.br.de/nachrichten/schwaben/inhalt/aerzte-prozess-noerdlingen-100.html

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