Hygiene-News Mai 2015

Hygiene-News Mai 2015

1. MRSA-Screening: Bundesrat wünscht bessere Gegenfinanzierung

Die Bundesregierung wurde vom Bundesrat dazu aufgefordert, künftig für Krankenhäuser eine bundesweite Erstattung der Kosten für MRSA-Screenings sicherzustellen. Einen entsprechenden Antrag haben Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz Ende März vorgelegt – jetzt wird der Vorschlag diskutiert.

Momentan werden Aufnahmescreenings auf multiresistente Erreger noch nicht ausreichend über DRGs finanziert - das könnte sich bald ändern. Kürzlich wurde ein Antrag eingereicht, der an das bereits laufende Hygieneförderprogramm anknüpfen, aber kei-ner zeitlichen Befristung unterliegen soll. Ausschlaggebend hierfür seien die defizitäre Finanzierung der Screenings über das DRG-System sowie die bisher lediglich rudimentär wirkenden präklinischen Screening-Ansätze.

Konkret wird gewünscht, „[…] kurzfristig im Krankenhausentgeltrecht die Voraussetzungen dafür zu schaffen, mikrobiologische Screening-Maßnahmen der Krankenhäuser entsprechend den [KRINKO]-Empfehlungen extrabudgetär zu vergüten“.

Weiterführende Links:
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/praevention/article/885650/mrsa-screening-bundesrat-will-geld-kliniken.html?sh=3&h=-1145983737
http://www.aerzteblatt.de/archiv/169139/Bekaempfung-multiresistenter-Keime

2. Ziel „Hygiene-Kultur“ -

Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie soll helfen

Vor dem drohenden Szenario eines „Vor-Penicillin-Zeitalters“ (Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe, CDU) hat das Bundeskabinett die Deutsche Antibiotika Resistenzstrategie (DART 2020) beschlossen.

Ein Schwerpunkt soll dabei die internationale Zusammenarbeit sein, sodass künftig die Zunahme an Antibiotika-Resistenzen über Landesgrenzen hinaus angegangen werden kann. Unter der Überschrift „DART 2020“, einer gemeinsamen Strategie verschiedener Bundesministerien, sollen neue Antibiotika, alternative Therapiemethoden und schnellere Untersuchungsverfahren gefördert werden. Zentrale Ziele sind die Eindämmung von unsachgemäßem Antibiotikagebrauch und die Reduzierung von Hygienemängeln in der Humanmedizin.

Bezogen auf die geäußerten Ideen appellierte der 118. Deutsche Ärztetag an die Politik, die Personalschlüssel in Krankenhäusern nicht nur hinsichtlich des Hygienefachpersonals, sondern auch bezogen auf das ärztliche und pflegerische Personal in der täglichen Patientenversorgung zu erhöhen. Ein entscheidendes Problem der Krankenhäuser sei die zunehmende Arbeitsdichte und damit der Mangel an Ärzten und Pflegepersonal sowie die mangelnde Weiterbildung in puncto Infektiologie. Der Zehn-Punkte-Plan von Bundesgesundheitsminister Gröhe könne nur durchgesetzt werden, wenn diese Faktoren berücksichtigt werden.

Als gesellschaftliche Querschnittaufgabe bezeichnete Gröhe die Pläne der Regierung und fordert, dass Hygiene ein gelebter Bestandteil der Krankenhauskultur werden müsse. Das praktisch veranlagte Hygienefachpersonal in Deutschland wird hoffen, dass dieser Appell auch die eigenen Geschäftsführer erreicht, damit die Verbesserungspotentiale insbesondere im Bereich der Persönlichen Hygiene (vor allem des ärztlichen Personals) mit mehr Rückendeckung erschlossen werden können.

Weiterführende Links:
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/62801/Kabinett-beschliesst-Deutsche-Antibiotika-Resistenzstrategie?s=hygiene
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/praevention/article/885884/antibiotika-resistenz-kabinett-beschliesst-groehes-plan-keime.html?sh=2&h=1161843079

3. Kraft lobt Hygiene-Initiative der KGNW

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft lobt, dass die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen die Bevölkerung über Krankheitserreger, Antibiotika-resistenzen und Infektionsschutz informieren.

Nordrhein-Westfalens Krankenhäuser engagieren sich vorbildlich in puncto Krankenhaushygiene und Infektionsschutz – so äußerte sich zumindest die Ministerpräsidentin, die damit vor allem auf die KGNW-Initiative „Keine Keime“ ansprach. Ein wesentliches Element dieser Hygiene-Initiative ist die Aufklärung und Sensibilisierung von Angehörigen und Patienten. Diese Ziele sollen auch durch eine Wanderausstellung unterstützt werden, die Krankheitskeime und deren Behandlung mit Antibiotika medizinhistorisch einordnet und interessierten Personen zugleich die Möglichkeit zum Händedesinfektionstraining bietet.

Wer die Wanderausstellung schon aus der Nähe begutachten konnte, wird allerdings festgestellt haben, dass die darin verbaute UV-Lampe aufgrund des fehlenden Kontrasts nur bedingt zum Aufspüren von Benetzungslücken geeignet ist.

4. KVWL fordert Screening in Arztpraxen

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe setzt sich für ein präklinisches MRSA-Screening für Risikopatienten in Arztpraxen ein. Sind ambulante Screenings vor elektiven Eingriffen demnächst Pflicht?

Die KV Westfalen Lippe schlägt ein verpflichtendes MRSA-Screening für Risikopatienten vor, welches bereits präoperativ in der Arztpraxis durchgeführt werden soll. Damit würden z.B. Patienten, die in den zurückliegenden zwölf Monaten länger als drei Tage in einem Krankenhaus gelegen haben, nicht nur abgestrichen, sondern bei positivem MRSA-Befund auch präklinisch dekolonisiert werden.

Weiterführender Link zu den vorherigen beiden Themen:
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/62694/NRW-Krankenhaeuser-informieren-ueber-Hygiene-KV-fordert-Keimscreening-in-Arztpraxen?s=hygiene

5. Ärztetag warnt vor Diskriminierung von MRGN-Patienten

Der Deutsche Ärztetag nimmt die Bemühungen zur Eindämmung von multiresistenten Keimen positiv auf, weist aber auch auf Modelle zum prästationären Screening hin, die die Betreuung betroffener Patienten im Krankenhaus verbessern könnten.

Patienten, die möglicherweise mit multiresistenten gramnegativen Stäbchenbakterien infiziert sind, droht bei positivem Screening eine relativ teure Behandlung. Der Deutsche Ärztetag hat nun Fälle beschrieben, in denen eine Behandlung absichtlich verzögert wurde, um bestimmte OPS- bzw. ICD-Codes greifen zu lassen. Völlig zu Recht wurde festgestellt, dass dies die betroffenen Patienten diskriminiert und nicht zur Eindämmung des Erregerauftretens beiträgt.

Weiterführender Link:
http://www.aerztezeitung.de/kongresse/kongresse2015/frankfurt15-aerztetag/article/886105/mrgn-aerztetag-warnt-diskriminierung.html?sh=1&h=765274668

6. Nosokomiale Infektionen: Verwirrspiel um Begriffe und Zahlen

Die meisten nosokomialen Infektionen werden durch Erreger ausgelöst, die keine Antibiotikaresistenz aufweisen. In vielen Medienberichten wird die Situation hingegen oft fälschlicherweise deutlich anders dargestellt.

Der Zehn-Punkte-Plan des Bundesgesundheitsministeriums weist in seiner Präambel auf die Zahlen der in Deutschland auftretenden behandlungsassoziierten Infektionen (400.000 - 600.000) sowie der entsprechenden Todesfälle (12.000 - 15.000) hin. Leider wurden diese Zahlen vielfach in den Medien fehlinterpretiert und falsch zitiert.

Dabei sind vor allem Verwechslungen zu beobachten, sodass z.B. statt „behandlungsassoziierte Infektionen“ von „Infektionen durch multiresistente Erreger“ geschrieben wird. Vielen Berichterstattern scheint der Begriff der Multiresistenz völlig unklar zu sein. So ist es schließlich kein Wunder, dass medizinisches Personal ebenso wie Hygienefachpersonal in der täglichen Arbeit die von Patienten oder deren Angehörigen häufig aus Angst vollzogene Gleichsetzung von MRSA und nosokomialer Infektion entkräften und aufklären muss.

Das Ärzteblatt hat sich die Mühe gemacht und die Dimensionen der wirklich wichtigen Kennzahlen für Krankenhäuser detailliert zusammengetragen und in Bezug gesetzt.

Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/169106/Infektiologie-Dilemma-mit-Begriffen-und-Zahlen?s=hygiene

7. RKI: Händewaschen nach Desinfektion sehr schädlich

In jeder Basishygieneschulung wird auf die Zusammenhänge und die Kennzeichen guter Händehygiene hingewiesen. Anlässlich des Tags der Händehygiene nannte das RKI nochmals wesentliche Tipps für Händewaschen und Händehygiene:

  • Händewaschen mit lauwarmem Wasser und flüssigen Waschpräparaten ohne mikrobielle Zusätze ist als Standard für die Infektionsprävention ungeeignet. Es führt zum Herauslösen von Lipiden aus der obersten Hautschicht, die Hautbarriere wird geschwächt.
  • Das beim Waschen eingelagerte Wasser in der Hautschicht verdunstet nach 10 Minuten, kann aber zwischenzeitlich aufgetragene Desinfektionsmittel kontraproduktiv verdünnen.
  • Auch bei der Händedesinfektion werden - ähnlich wie beim Waschen - Haut-fette bewegt und herausgelöst. Die Lipide werden jedoch nicht abgespült, sondern wieder eingerieben.
  • Die (längere) Verwendung von Handschuhen führt wie das Händewaschen zur Auslösung von Lipiden.
  • Besonders bei Reinigungs- bzw. Desinfektionsarbeiten bieten Unterziehhandschuhe aus Baumwolle (bei gewährleisteter Wiederaufbereitung) eine mögliche Lösung zur Reduzierung von Hautbelastungen.
  • Hautschutzprodukte sollten vor Arbeitsbeginn aufgetragen werden.
  • Die noch häufig zu beobachtende Waschung der Hände nach der Desinfektion sollte absolut restriktiv und nur für die Dekontamination von Sporenbildnern (z.B. C. difficile) eingesetzt werden.

Das Robert-Koch-Institut sieht es als besonders problematisch an, wenn bei bereits beanspruchten Händen aufgrund des Brennens auf die Desinfektion verzichtet und stattdessen der vermeintlich sanfteren Händewaschung der Vorzug gegeben werde – obwohl diese Hauptverursacher der meisten Irritationen seien.

Weiterführender Link:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/hygiene/article/885091/hygiene-haendewaschen-nach-desinfektion-sehr-schaedlich.html?sh=2&h=1161843079

8. Enteroviren auf dem Vormarsch

Durch mangelnde Hygiene ist die Bevölkerung in Südostasien schlecht vor Enteroviren, die u.a. Erreger von Polio sind, geschützt. Dort häufen sich deshalb auch Fälle der Hand-Fuß-Mund-Krankheit.

Die Hand-Fuß-Mund-Krankheit äußert sich meist durch Fieber, Halsschmerzen, Exanthemen in der Mundschleimhaut und Ausschlag an Händen, Füßen und dem Gesäß, wobei auch schwerere Krankheitsverläufe mit neurologischen Auffälligkeiten vorkommen. Verursacht wird die Krankheit durch Coxsackie-A-Viren und das gefährlichere Enterovirus 71 (EV71). Sie befällt deutschlandweit meist Kinder unter zehn Jahren.

In Europa, Asien und Amerika treten zudem mehr Fälle viraler Meningitiden auf, die durch Echoviren ausgelöst werden. Bei Kindern und Jugendlichen ist das Infektionsrisiko mit Enteroviren höher als bei Erwachsenen. Daher sollte auf eine sorgfältige Hygiene und die Vermeidung des Kontakts mit Erkrankten geachtet werden.

Weiterführender Link:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/impfen/article/883635/polio-co-enteroviren-vormarsch.html?sh=1&h=1161843079

9. Lebensmittelhygiene: Neues Gesetz gegen Hygieneverstöße geplant

Ein Gesetzesentwurf des Bundesagrarministeriums schlägt eine bessere Informierung der Verbraucher bezüglich der Gesundheitsrisiken durch den Konsum bestimmter Lebensmittel vor.

Bereits seit 2012 sind Behörden gesetzlich verpflichtet, schwere Mängel in der Lebensmittelhygiene unter Nennung der verantwortlichen Unternehmen zu veröffentlichen. In der Praxis wurden allerdings viele geplante Veröffentlichungen per Eilverfahren durch Gerichte gestoppt.

Der neue Entwurf sieht aus Rücksicht auf die betroffenen Unternehmen einige Anpassungen vor. So sollen die entsprechenden Fälle nach einem halben Jahr wieder aus dem Internet gelöscht werden und in bestimmten Situationen eine Härtefallklausel greifen, die eine Veröffentlichung verhindert.

Weiterführender Link:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/hygiene/article/885209/lebensmittelindustrie-neues-gesetz-hygieneverstoesse-geplant.html?sh=1&h=1161843079

10. Wussten Sie schon, dass …

… entgegen der weit verbreiteten Meinung, für die Beschäftigung von Hygienefachpersonal in Nordrhein-Westfalen keine Übergangsfrist bis Ende 2016 besteht?

„3 Hygienefachkräfte für unser 600 Bettenhaus? – Dafür haben wir ja noch Zeit.“

Solche Vorstellungen halten sich noch immer hartnäckig bei einigen Krankenhaus-Leitern sowie vielen ambulant operierenden Einrichtungen. Ursächlich für diese Ansicht ist wohl vor allem, dass 14 der 16 landesspezifischen Hygieneverordnungen in Deutschland eine Übergangsfrist bis Ende 2016 einräumen. Für Hessen und eben NRW sind solche Übergangsregelungen für die Erfüllung der Personalvorgaben gemäß der KRINKO-Empfehlung „Personelle und organisatorische Anforderungen an die Prävention nosokomialer Infektionen“ aber nicht vorgesehen.

Trotz des Hygieneförderprogramms herrscht noch immer ein immenser Mangel an Hygienefachpersonal in den Ballungsgebieten NRWs. Dieser Trend wird sich noch deutlicher deutschlandweit bemerkbar machen, wenn die Übergangsfristen in den anderen Bundesländern auslaufen.

Weiterführender Link:
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=13246&vd_back=N143&sg=2&menu=1

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